Rauchen und Übergewicht Lungengesundheit beginnt in der Pubertät des Vaters
Nach Ergebnissen der FINNMARK-Studie muss man von verschiedenen suszeptiblen Phasen im Leben ausgehen, in denen Umwelteinflüsse besonders stark die spätere Gesundheit beeinflussen und die Grundlage für die Entwicklung von Krankheiten auch in nachfolgenden Generationen legen können. Das berichtete Prof. Dr. Vivi Schlünssen vom Institut für Public Health der Universität in Aarhus. Naheliegend sind Zusammenhänge zwischen Umwelteinflüssen auf die Mutter zum Zeitpunkt der Schwangerschaft und der Gesundheit des Kindes. Dass auch die männliche Pubertät als eine vulnerable Phase angesehen wird, ist neu.
Früheres Übergewicht des Vaters erhöhte das Asthmarisiko der Kinder
Wie Prof. Schlünssen ausführte, wurde inzwischen der Einfluss von zwei mit dem Lebensstil zusammenhängenden Faktoren in der Pubertät auf die nächste Generation untersucht: Übergewicht und Rauchen. In der populationsbasierten, generationsübergreifenden Studie RHINESSA** zeigte sich, dass die Kinder von Vätern, deren Übergewicht bereits in der Pubertät begonnen hatte, häufiger an Asthma litten als die von Vätern mit Normalgewicht in der Jugend.1 Bei den Söhnen war das frühe Übergewicht des Vaters auch mit einer niedrigeren forcierten Einsekundenkapazität (FEV1) und reduzierten forcierten Vitalkapazität (FVC) assoziiert.
Spermatozytenentwicklung scheint nachhaltig beeinflusst
Ebenso war das Rauchen des Vaters lange vor der Konzeption ein Risikofaktor für ein nicht-allergisches Asthma der Kinder. Wenn der Vater bereits vor dem 15. Lebensjahr begonnen hatte zu rauchen, wiesen Söhne wie Töchter eine schlechtere Lungenfunktion auf als die von Vätern, die nicht oder erst später geraucht hatten.2 Das galt auch, wenn der Vater fünf und mehr Jahre vor der Konzeption damit aufgehört hatte, betonte Prof. Schlünssen. Die Befunde wurden in anderen Kohorten bestätigt. Wahrscheinlich wirken Übergewicht und Rauchen in der Pubertät nachhaltig auf die Spermatozytenentwicklung ein.
Nachweisen ließ sich, dass das präkonzeptionelle Rauchen des Vaters mit einer veränderten Methylierung von CpG-Inseln in der DNA der Kinder assoziiert war. CpG-Inseln sind DNA-Abschnitte, in denen sich die Abfolge Cytosin-Guanin häufig wiederholt. Viele Promotoren von Genen haben diese Struktur. Bei Vätern, die in der Pubertät mit dem Rauchen begonnen hatten, waren 19 CpG-Inseln von 14 Genen verändert, die funktionell mit Inflammation und angeborenem Immunsystem zusammenhängen. Die Gene sind auch mit Asthma, Wheezing und Adipositas assoziiert. Im Tiermodell ließ sich nachvollziehen, dass solche epigenetischen Signale der Keimzellen in einer vulnerablen präkonzeptionellen Phase entstehen können. Beim männlichen Geschlecht beeinflussen Umweltfaktoren vor der Konzeption möglicherweise die Lungengesundheit der Nachkommen.
Die Befunde eröffnen ein wichtiges Feld für präventive Strategien zur Verbesserung der Lungengesundheit, betonte Prof. Schlünssen. Wenn es gelingt, Adipositas und Rauchen in der Pubertät bei Jungen zu reduzieren, kann dieser Teufelskreis über Generationen hinweg durchbrochen werden. Sie ist optimistisch, dass das machbar ist. Als wichtige Maßnahmen nannte sie eine Erhöhung der Preise für Tabakprodukte, das Einschränken des Zugangs dazu sowie das Einführen möglichst umfangreicher rauchfreier Bereiche. In den USA, Indien und China gebe es bereits rauchfreie Städte, sagte sie. Den Jungs müsse man vermitteln, dass Nichtrauchen etwas Cooles sei. Urbane Räume müssen so gestaltet werden, dass sie körperliche Aktivität fördern und junge Männer zu gemeinsamen Aktivitäten wie Skaten oder Radfahren anregen.
Die Erkenntnisse sind wichtig für die Prävention
Der Konsum gesunder Nahrungsmittel lässt sich fördern, indem die aus dem Marketing bekannten Strategien auf gesunde und nicht auf fettreiche, zuckerhaltige Nahrungsmittel angewandt werden. Die Gestaltung von Preisen und Steuern kann eine gesündere Ernährung ebenfalls unterstützen, so die Referentin.
Quelle: ERS* Congress 2024
* European Respiratory Society
** Respiratory Health in Northern Europe, Spain and Australia
1. Johannessen A et al. J Allergy Clin Immunol 2020; 145: 791-799.e4; doi: 10.1016/j.jaci.2019.08.030
2. Svanes C et al. Int J Epidemiol 2017; 46: 235-245; doi: 10.1093/ije/dyw151