Fäkale Mikrobiotatransplantation Modulation der Mikrobiota könnte bald eine größere Rolle in der CED-Therapie spielen

Autor: Dr. Andrea Wülker

Eine FMT mittels Kapseln wäre im Praxisalltag relativ leicht umzusetzen. Eine FMT mittels Kapseln wäre im Praxisalltag relativ leicht umzusetzen. © Angela Bragato – stock.adobe.com

Bei Clostridioides-difficile-Infektionen sind Stuhltransplantationen schon recht erfolgreich. Könnte dieser Ansatz auch bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa funktionieren?

In den letzten Jahren hat die Häufigkeit von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen stark zugenommen. Die Gründe dafür sind unklar – ebenso wie die genaue Ätiologie von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, schreiben Jan­ Kempski­ und Prof. Dr. Samuel­ Huber­ vom Zentrum für Innere Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Aktuell geht man davon aus, dass CED durch ein ungutes Zusammenspiel mehrerer Faktoren ausgelöst werden:

  • genetische Veranlagung
  • Defekt der intestinalen Barriere
  • Fehlsteuerung des Immunsystems
  • negative Umwelteinflüsse wie ungesunde Ernährung und Rauchen
  • pathogene Veränderung des Darmmikrobioms (Dysbiose)

Die Mikrobiota könnte bei der Entstehung von Crohn und Colitis eine bedeutende Rolle spielen. Dafür spricht u.a., dass das Mikrobiom die Immunantwort direkt beeinflussen kann und dass es mit CED-typischen genetischen Veränderungen eng verknüpft ist.

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass sich CED genau dort am häufigsten manifestieren, wo sich die meisten Mikroorganismen tummeln – im Kolon und im terminalen Ileum. Tierexperimentelle Daten belegen, dass die intestinale Mikrobiota Entzündungsprozesse im Verdauungstrakt erheblich beeinflusst.

Sind die Veränderungen im Mikrobiom Henne oder Ei?

Verschiedene Studien konnten zeigen, dass das Darmmikrobiom von CED-Patienten im Vergleich zu Gesunden eine reduzierte Diversität und Komplexität aufweist. Belegt ist auch, dass die Dysbiose nicht Folge der immunmodulierenden Therapie ist.

Allerdings bleibt unklar, ob die Veränderungen des Darmmikrobioms bei CED-Patienten Ursache oder Folge der chronischen Entzündung sind. Jedenfalls finden sich im Darm von CED-Patienten mehr pathogene/entzündungsfördernde Bakterien (wie etwa adhärent-invasive Escherichia coli) und weniger Mikroorganismen mit entzündungshemmenden Eigenschaften (beispielsweise Faecalibacterium prausnitzii aus der Firmicutes-Gruppe).

Wie effektiv ist die Stuhltransplantation (FMT, fäkale Mikrobiotatransplantation) bei CED? Nach entsprechenden Erfolgen in der Behandlung von therapierefraktären Clostridioides-difficile-Infektionen gab es verschiedene FMT-Studien mit Crohn- und Colitis-Patienten. Mit unterschiedlichen Ergebnissen, was zumindest teilweise an der gro­ßen Heterogenität des Studiendesigns liegen dürfte (Unterschiede hinsichtlich Applikationsweg, Vorbehandlung, Donorstuhl, Häufigkeit der FMT etc.). Trotz aller Heterogenität kann man bislang Folgendes sagen:

  • Bei Morbus Crohn gibt es derzeit keine eindeutig positiven Ergebnisse der FMT. 
  • Bei Colitis ulcerosa waren Stuhltransplantationen sowohl in der Remissionsinduktion als auch -erhaltung effektiv.

Dennoch: FMT sind mit einem großen Aufwand verbunden und bei den Patienten nicht gerade beliebt. Vor diesem Hintergrund stimmt es hoffnungsvoll, dass kürzlich eine orale Transplantation von Stuhl in lyophilisierter Form mittels Kapseln bei Colitis ulcerosa wirksam war. Eine FMT mittels Kapseln wäre im Praxisalltag viel leichter umzusetzen als endoskopische Verfahren. Die Hamburger Kollegen sind jedenfalls überzeugt davon, dass eine Modulation der Mikrobiota in naher Zukunft ein fester Bestandteil der CED-Therapie sein wird.

Quelle: Kempski J, Huber S. Inn Med 2022; 63: 1022-1027; DOI: 10.1007/s00108-022-01396-8