Emotionale Gesundheit Nicht auf den Darm reduzieren
Schmerzen, rektale Blutungen und Durchfälle: Für Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn (MC) oder Colitis ulcerosa (CU) ist es zwar wichtig, die körperlichen Beschwerden in den Griff zu bekommen. Einen wesentlichen Anteil an ihrer Krankheitsbelastung haben allerdings emotionale und psychische Aspekte, berichtet Katrine Risager Christensen von der Abteilung für Gastroenterologie am Hospital Herlev.
Ärzte haben bei der CED-Behandlung vorrangig den Verdauungstrakt im Blick. Sie wollen Darmsymptome lindern und die endoskopisch verifizierbare Mukosaheilung, also die Dämpfung der intestinalen Krankheitsaktivität, bewirken. Dieser Ansatz wird den komplexen Krankheitsbildern jedoch nicht gerecht, da die Betroffenen unter Umständen ganz andere Therapieziele definieren. Welche dies genau sind, untersuchte die dänische Forscherin gemeinsam mit weiteren Kollegen.
Zunächst fragte das Team 102 MC- und 62 CU-Kranke unter Biologikabehandlung, welche Beschwerden ihr tägliches Leben am stärksten beeinträchtigen. Unabhängig von der Krankheitsaktivität wurden hierbei am häufigsten Fatigue, häufiger Stuhldrang sowie krankheitsbedingte Sorgen genannt. Entsprechend der Methodik des sogenannten Group Concept Mappings erarbeiteten anschließend jeweils 13 MC- und 13 CU-Patienten Gruppenkonzepte im Hinblick auf die Alltagsbelastungen. Für die an MC Erkrankten hatten dabei folgende Aspekte die größte Bedeutung: eine positive Einstellung gegenüber der Erkrankung und dem Leben, das Akzeptieren der Erkrankung sowie das Teilen von Erfahrungen mit anderen Betroffenen. Bei den CU-Kranken kristallisierten sich folgende drei Kernkonzepte heraus: das Übernehmen von Verantwortung für und Kontrolle über ihr Leben, die Einstellung gegenüber der Medikation sowie das Bestreiten des Alltags- und Familienlebens.
Mediziner müssen ihren Fokus neu justieren, meinen die Forschenden, nämlich auf das, was Menschen mit CED wirklich wichtig ist. Sie hoffen, dass ihre Untersuchungsergebnisse einen Beitrag zu einer besseren Arzt-Patienten-Kommunikation leisten können.
Quelle: Risager Christensen K et al. BMJ Open Gastroenterol 2022; 9: e000994; DOI: 10.1136/bmjgast-2022-000994