Sauerstoffversorgung O2-Sättigung bei mechanischer Beatmung genauer betrachtet

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Primärer Endpunkt war der Ventilationsbedarf innerhalb von 28 Tagen nach Beatmungsbeginn.
Primärer Endpunkt war der Ventilationsbedarf innerhalb von 28 Tagen nach Beatmungsbeginn. © Yakobchuk Olena – stock.adobe.com

Bei kritisch Kranken soll die mechanische Beatmung eine adäquate Sauerstoffversorgung sicherstellen. Doch welche SpO2-Sättigung ist dafür optimal?

Im Rahmen einer mechanischen Beatmung schützen hohe SpO2-Zielwerte (96–100 %) vor einer Hypoxämie, steigern aber das Risiko für Hyperoxie mit oxidativen Gewebsschäden und Inflammation. Umgekehrt verhindert zwar eine niedrige Sättigung (88–92 %) diese Gefahr, es kann aber zu einer Unterversorgung mit Gewebshypoxie kommen. 

Forscher in den USA gingen der idealen mechanischen Sauerstoffversorgung in einem offenen Cross-over-Setting bei 2.541 Patienten nach. Die in die Studie eingeschlossenen Teilnehmer wurden in Abhängigkeit von der angestrebten O2-Sättigung (gemessen via Pulsoximetrie) auf drei Interventionsarme mit niedrigem (88–92 %), mittlerem (92–96 %) und hohem (96–100 %) Zielbereich verteilt, schreiben Dr. Matthew Semler von der Vanderbuilt University in Nashville und Kollegen. Primärer Endpunkt war der Ventilationsbedarf innerhalb von 28 Tagen nach Beatmungsbeginn.

Bei der Auswertung zeigten sich keine relevanten Unterschiede: Die Patienten mit niedrig dosierter Therapie waren 20 Tage beatmungsfrei, solche im mittleren oder hohen SpO2-Zielbereich schafften jeweils 21 Tage. Vergleichbar war auch die Zahl der Todesfälle während der stationären Behandlung: Unter niedrig dosierter Ventilation starben 35 %, bei mittlerer teilten 34 % dieses Schicksal und im hohen Zielbereich waren es 33 %. Herzstillstand, Arrhythmie, Myokardinfarkt, Schlaganfall und Pneumothorax traten in allen drei Gruppen gleich häufig auf. 

Die Wahl von SpO2-Zielwerten zwischen 90–98 % scheint also die klinischen Outcomes bei einem Großteil der kritisch kranken Patienten innerhalb von 28 Tagen nicht zu beeinflussen, schließen die Wissenschaftler. Das betrifft sowohl die Mortalität als auch eine beschleunigte Entwöhnung. Auch die bisher vermutete U-förmige Beziehung, wonach eine mittlere Oxygenierung die besten Ergebnisse erzielt, entspricht offenbar nicht der Realität.

Quelle: Semler MW et al. N Engl J Med 2022; 387: 1759-1769; DOI: 10.1056/NEJMoa2208-415