Parkinson: So unterscheiden sich die verschiedenen Syndrome
Um das idiopathische Parkinsonsyndrom (IPS) von atypischen Formen der Erkrankung abzugrenzen, braucht es nach Ansicht von Professor Dr. Kirsten Zeuner keine teure Technik. Ein Routine-MRT helfe in der Differenzialdiagnostik ohnehin nicht weiter und der DaT-Scan bleibe trotz eindeutiger Klinik schon mal unauffällig. „Wenn ein Patient ins Sprechzimmer kommt, kann man oft bereits an der Haltung erkennen, welcher Parkinson vorliegt“, sagte die Neurologin von der Universitätsklinik Kiel.
Leicht flecktierte Hüft- und Kniegelenke, einen nach vorn gebeugten Rumpf sowie den typischen kleinschrittigen Gang mit schlurfenden Schritten weisen erfahrene Kollegen sofort dem IPS zu. Charakteristisch für Patienten mit Multisystematrophie (MSA) sind dagegen das zur Brust gezogene Kinn sowie ein ausgeprägter Anterocollis. Zudem gehen die Betroffenen auffällig breitbasig. Bei der progressiven supranukleären Blickparese (PSP) herrscht dagegen ein markanter Retrocollis vor. Zwar zeigen auch Patienten mit dieser Erkrankung ein breitbasiges Schrittmuster, jedoch streuen sie auch Ausfallschritte nach mediolateral ein.
Klinische Zeichen über viele Jahre validiert
In vielen Fällen kann man die Diagnose anhand der Mimik stellen, führte Prof. Zeuner aus. Hat der Patient ein „Pokerface“? Typisch IPS. Zeigt er einen „erstaunten“ Gesichtsausdruck mit hochgezogenen Augenbrauen und Lidretraktion? Wahrscheinlich PSP. Pathologische Augenbewegungen lassen sich ebenfalls meist eindeutig zuordnen. Aus einer neueren Studie geht hervor, dass z.B. die vertikale Blickparese mit einer Spezifität von 91–97 % dem PSP zuzuordnen ist, während sie bei der MSA als Ausschlusssymptom gilt und beim IPS praktisch nicht vorkommt.
Die differenzialdiagnostischen Zeichen wurden über viele Jahre an großen Patientenkohorten validiert, betonte Prof. Zeuner. Bildgebungsstudien dagegen würden häufig nur an wenigen Probanden durchgeführt.
Diese Argumente konnte Professor Dr. Jan Kassubek, Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Ulm, nicht einfach so stehen lassen. Er geht davon aus, dass die Bildgebung zur Differenzialdiagnostik von Parkinsonsyndromen zunehmend wichtiger werden wird als die Klinik.
Diagnostik bei unklarem Tremor
- ipsilaterale > kontralaterale Hemisphäre
- Putamen > N. caudatus
- Putamen posterior > Putamen anterior
Expertise wird durch Deep Learning überflüssig
Als weiteres Argument pro Bildgebung nannte der Kollege die neuen Tracer wie Tau und Synuklein, mit denen man bereits heute gut zwischen den verschiedenen Parkinson-Syndromen unterscheiden könne. Computergestützte Techniken wie das Deep Learning machten es außerdem immer besser möglich, MRT-Bilder maschinell, d.h. unabhängig von der Expertise eines Befunders auszuwerten. Heute schon etabliert sei die transkranielle Sonographie.Bei IPS-Verdacht die Substantia nigra schallen
Kongressbericht: Deutscher Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen 2019