Patienten mit olfaktorischer Dysfunktion sollten wiederholt Fragebogen ausfüllen
Bei mehr als zwei Dritteln der Patienten lässt sich die olfaktorische Dysfunktion auf sinunasale Erkrankungen, Infektionen oder Traumata zurückführen, erklären Katherine L. Whitcroft und Professor Dr. Thomas Hummel von der Technischen Universität Dresden. Aber auch neurologische Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson, Toxine und Medikamente sowie medizinische Eingriffe sind mögliche Ursachen.
Die Diagnostik umfasst eine ausführliche Anamnese und eine umfassende klinische Untersuchung. Im Gespräch mit dem Patienten gilt es, zu erfragen, wann die Störung begonnen und wie sie sich entwickelt hat. Wichtig ist auch, ob Parosmien und/oder Phantosmien auftreten. Weitere relevante Punkte sind:
- Ausprägung der Beschwerden
- Begleiterkrankungen bzw. -symptome
- bisherige Krankheitsgeschichte
- Medikation
- Lebensstilfaktoren
- berufliche Tätigkeit
Die körperliche Untersuchung schließt idealerweise eine Endoskopie der Nase ein. Denn im Gegensatz zum Rhinoskop erreicht das Endoskop auch die Riechspalte, die es sich bei olfaktorischen Dysfunktionen anzuschauen lohnt, erklären die Autoren. Hierbei sollten Sie insbesondere auf strukturelle Anomalien wie eine Septumdeviation, Polypen oder Vernarbungen achten. Zur Bewertung empfehlen die Kollegen validierte Skalen wie die Olfactory Cleft Endoscopy Scale.
Bei Verdacht auf eine neurologische Ursache sollten Sie den Patienten an einen entsprechenden Kollegen überweisen. Vom Einsatz topischer Anästhetika für die Untersuchung raten die Autoren ab. Diese können das Ergebnis des Riechtests verfälschen.
Psychophysische Erhebung per Sniffin’ Sticks oder Süßigkeiten
Um die Riechfunktion zu überprüfen, stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung. Diese lassen sich in vier Kategorien einteilen:
- subjektive Einschätzung
- psychophysische Testung
- Bildgebung
- elektrophysiologische Verfahren
Für den klinischen Alltag sind insbesondere die subjektive Einschätzung und die psychophysische Erhebung relevant. Bildgebung und elektrophysiologische Verfahren werden nur bei spezifischen Fragestellungen oder zu Forschungszwecken eingesetzt.
Mit der subjektiven Einschätzung des Riechvermögens soll vor allem erhoben werden, wie stark die Störung den Patienten beeinträchtigt. Sie ist außerdem hilfreich, um den Behandlungserfolg zu überprüfen. Für die Erfassung empfiehlt sich die Verwendung validierter Fragebogen. Um die Aussagekraft des Tests zu erhöhen, raten die Autoren dazu, die Patienten ihre Riechfunktion mehrmals hintereinander einschätzen zu lassen und daraus den Mittelwert zu errechnen. Die subjektive Testung sollte in Kombination mit der psychophysischen Erhebung erfolgen.
Letztere erfasst – ähnlich einem Audiogramm – das ortho- und das retronasale Riech- sowie das Schmeckvermögen. Hierfür stehen verschiedene validierte Verfahren zur Verfügung. Beispiele sind Sniffin’ Sticks, der Zürcher Riechtest und der Candy Smell Test. Die genauesten Ergebnisse erhält man, wenn man mehrere Methoden miteinander kombiniert (z.B. Ermittlung der Riechschwelle, Geruchserkennung und -unterscheidung). Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Störung und beinhaltet immer ein Beratungsgespräch (siehe Kasten).
Achtung, Sicherheitsrisiko!
- Rauch- und Gasmelder installieren und regelmäßig warten (lassen)
- Verfallsdatum von Lebensmitteln unbedingt einhalten
Der Patient kann selbst etwas tun – ohne Nebenwirkungen
Handelt es sich um eine medikamenteninduzierte Dysfunktion, sollten die entsprechenden Präparate möglichst abgesetzt werden. Ist eine chronische Rhinosinusitis der Auslöser, kommen systemische und topische Kortikosteroide (ggf. eine OP) zum Einsatz. Ob diese auch bei Störungen anderer Ätiologie helfen, ist unklar. Unabhängig von der Ätiologie kann tägliches Riechtraining das Riechvermögen verbessern. Am häufigsten werden hierfür mindestens vier Duftstoffe aus den Kategorien fruchtig, blumig, harzig und würzig verwendet. Die Übungen sind quasi nebenwirkungsfrei und einfach von den Patienten selbst durchzuführen.Quelle: Whitcroft KL, Hummel T. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2019; online first; DOI: 10.1001/jamaoto.2019.1728