Perkutane Magensonde bei schwer Dementen zurückhaltend einsetzen
Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) kann zum Einsatz kommen, wenn eine orale Ernährung voraussichtlich für länger als drei Tage unmöglich ist. Angezeigt ist die PEG-Sonde auch, wenn die Aufnahme über den Mund für mehr als sieben bis zehn Tage derart erschwert ist, dass sich so weniger als die Hälfte des Energiebedarfs decken lässt. Sie ist aber nur dann eine Option, wenn die Prognose insgesamt positiv ausfällt, d.h. der Patient darf sich nicht in einem terminalen Krankheitsstadium befinden, machte Professor Dr. Dorothee Volkert von der Universität Erlangen-Nürnberg deutlich.
Beobachtungsstudien haben gezeigt, dass sich der Ernährungszustand multimorbider geriatrischer Patienten durch die Sonde halten und sogar verbessern lässt. Wird die PEG-Ernährung erst bei schwerer Malnutrition begonnen, ist der Erfolg jedoch limitiert, erläuterte die Expertin. Auch bei Betroffenen mit leichter oder mäßiger Demenz kann die Maßnahme für begrenzte Zeit angebracht sein, um Krisensituationen mit reduzierter Nahrungsaufnahme zu überwinden.
Ohne Nutzen ist die Sondenernährung indes bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz, erklärte Professor Dr. Rainer Wirth von der Ruhr-Universität Bochum. Laut einer US-amerikanischen Datenbankanalyse war das Einjahresüberleben von Pflegeheimbewohnern mit fortgeschrittener Demenz und neu aufgetretenen demenzbedingten Essproblemen, die per PEG ernährt wurden, nicht besser als das derjenigen ohne Sonde.
Indiziert ist die perkutane Magensonde bei schwerer Dysphagie mit akzeptabler Prognose, etwa nach Schlaganfall. In Deutschland werden jährlich etwa 120.000 PEG-Sonden angelegt – wobei jede invasive Maßnahme mit entsprechenden Risiken einhergeht, erinnerte Prof. Wirth. Risikofaktoren für eine hohe Mortalität nach PEG sind paradoxerweise ausgerechnet die Situationen, die durch die Maßnahme gebessert werden sollen: starke Mangelernährung, niedriger BMI und niedriges Serumalbumin gehören dazu, Pneumonie, Diabetes mellitus und Bettlägerigkeit.
Von den hochaltrigen Patienten, die eine PEG-Sonde erhalten, ist einer Metaanalyse zufolge bereits sechs Monate später die Hälfte tot, ein Fünftel übersteht schon den ersten Monat nicht. Britische Registerdaten bestätigen die Dreißig-Tage-Mortalität von 20 % und zeigen zudem, dass knapp die Hälfte der Todesfälle schon in der ersten Woche auftritt.
Die hohe Sterblichkeit kann durchaus darin begründet sein, dass regelmäßig die falschen Patienten für die Maßnahme ausgewählt werden, so Prof. Wirth. Es sei aber sehr wahrscheinlich, dass die Anlage der PEG-Sonde unterm Strich doch mehr Schwierigkeiten verursache als gemeinhin angenommen, meinte der Referent und berichtete von einer eigenen Studie, die Komplikationen und Sterblichkeit nach PEG-Anlage bei knapp 200 älteren Patienten untersuchte. Bei Betroffenen, die die Prozedur ohne Probleme überstehen, ist demnach mit einer Krankenhausmortalität von 5 % zu rechnen. Dagegen starb von Patienten mit Pneumonien, Blutungen, therapiebedürftigen Fistelinfektionen oder anderen schweren Komplikationen jeder Zweite in der Klinik, berichtete Prof. Wirth. Bezogen auf alle Patienten ergibt sich demnach eine prozedurbezogene Krankenhausmortalität von 2 %, machte er klar. Das müsse man bei Indikationsstellung bedenken und mit den Patienten und ihren Angehörigen besprechen.
Kongressbericht: 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (Online-Veranstaltung)