Persönliche und kontinuierliche ärztliche Betreuung senkt die Sterberate
Es ist nicht so, dass die Arzt-Patienten-Beziehung ihren medizinischen Wert nicht schon belegt hätte – gerade in der Allgemeinarztpraxis. Zu den durch Studien belegten Effekten gehören weniger Krankenhausaufenthalte, größere Behandlungstreue und ein besseres Gesundheitsbewusstsein. Und trotzdem sprechen sich immer mehr Experten dafür aus, virtuellen Praxisbesuchen den Vorzug zu geben, schreiben Professor Sir Denis Pereira Gray, St. Leonard‘s Practice Exeter und Kollegen.
Ein Effekt mit sehr basalen menschlichen Wurzeln
Die Gruppe hat den vielen Argumenten, die gegen diesen Trend sprechen, nun ein weiteres hinzugefügt. In einem Review prüfte sie, wie sich die „continuity of care“ auf die Mortalität auswirkt. Kein einfaches Unterfangen, stammten die 22 untersuchten Studien doch nicht nur aus unterschiedlichen Ländern, sondern benutzten derart abweichende Methoden, dass es kaum gelang, die Ergebnisse sauber auszuwerten. Randomisierte Studien wiederum lassen sich angesichts der persönlichen Verstrickungen der Beteiligten aber praktisch nicht umsetzen.
Trotzdem konnten die Autoren einen gemeinsamem Nenner herausarbeiten. In rund 80 % der Untersuchungen ging eine intensivere und langfristigere persönliche ärztliche Betreuung mit niedrigeren Sterberaten einher. Zwar war der Effekt nicht besonders ausgeprägt, seine Stärke bewegte sich aber durchaus im Rahmen von etablierten Behandlungsmethoden.
Schon allein die größere Offenheit gegenüber evidenzbasierten präventiven Interventionen bei einem gut betreuten Patienten und seine höhere Therapietreue sprechen in den Augen der Kollegen dafür, dass ein besseres Arzt-Patienten-Verhältnis auch das Sterberisiko nicht unbeeinflusst lässt. Das gelte nicht nur für Allgemeinarztpraxen. Gerade die jüngeren im Review enthaltenen Arbeiten zeigten, dass eine optimalere continuity of care auch in der Facharztpraxis Gutes bewirkt.
„Dass sich diese Assoziationen gleichermaßen in neun verschiedenen Ländern und auf drei unterschiedlichen Kontinenten finden, spricht für einen Effekt mit sehr basalen menschlichen Wurzeln“, so die Wissenschaftler. Zweihundert Jahre lang seien die meisten medizinischen Fortschritte technischer und unpersönlicher Natur gewesen, darüber sei die menschliche Seite der Medizin ein Stück weit in Vergessenheit geraten. Das Review zeige nun, dass trotz all dieser Fortschritte die persönliche Betreuung durch den Arzt beziehungsweise ihr Fehlen sogar potenziell eine Frage von Leben und Tod ist.
Quelle: Pereira Gray DJ et al. BMJ Open 2018; 8: e021161