Psychische Traumatisierung: Welchen Patienten hilft eine spezifische Frühintervention?
In den ersten Stunden bis Tagen nach einem traumatischen Ereignis kann eine präventive Frühintervention darüber entscheiden, ob sich akute Belastungsreaktionen manifestieren und ggf. zu einer Traumafolgestörung führen. Zeigen Betroffene schwere dissoziative Symptome, starke Ängste oder Ähnliches, wird es Zeit für spezifische psychotherapeutische Lösungen.
Konfrontation erst imaginär, dann in der Realität
Obwohl verschiedene Interventionen zur Verfügung stehen (siehe Kasten), empfiehlt die S2k-Leitlinie einzig die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie. Diese Einzeltherapie besteht aus mehreren Bausteinen. Der Therapeut gibt einige Grundinfos zum Thema Trauma und Traumatherapie (Psychoedukation). Zudem erklärt und vereinbart er mit dem Patienten notwendige Expositionsübungen. Sie bilden das Herzstück der Behandlung. In der Regel startet man sanft und konfrontiert Betroffene in ihrer Vorstellung mit ihrem Trauma, später wird die Situation im Realen durchgespielt. Einen weiteren essenziellen Baustein bildet die kognitive Umstrukturierung. Darüber hinaus bekommt der Patient Hausaufgaben, in denen die Inhalte der Sitzung vertieft oder zusätzliche Übungen erlernt werden sollen.
Viele Therapien, wenig Evidenz
- internetgestützte Interventionen (ohne und mit therapeutischer Begleitung) mit psychoedukativen Elementen, In-vivo-Expositionen und Techniken zum Stressmanagement
- EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) scheint eine der vielversprechendsten Frühinterventionen zu sein: Während sich der Patient die traumatische Situation vorstellt, erfolgt eine bilaterale Stimulierung über optische, akustische oder taktile Reize
- psychodynamische Verfahren sind stabilisierende, ich-stärkende und -stützende Interventionen, die u.a. die Selbstheilung fördern sollen
Morphine scheinen Verletzten auch psychisch zu helfen
Außerdem hemmt ein Dauereinsatz womöglich die zerebrale Informationsverarbeitung. Nur zwei Fälle rechtfertigen einen Gebrauch:- Mittel erster Wahl bei Suizidgedanken oder -tendenzen im Zuge einer beginnenden Antidepressivabehandlung
- massive Schlafprobleme, Angstzustände oder starkes Rückzugsverhalten (Mittel zweiter Wahl, Einnahme max.1 Woche)
Quellen:
S2k-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung“, AWMF-Register-Nr. 051-027, www.awmf.org;
DOI: 10.1002/jts.20007