Akzeptieren, wertschätzen, einfühlen – Folgen des akuten psychologischen Traumas abschwächen
Es ist eines der ersten Dinge, das geschulte Helfer lernen: Wer zu Betroffenen durchdringen will, braucht ihr Vertrauen. Vertrauen erhält der, der akzeptiert, wertschätzt und sich emotional in andere hineinversetzt. Diese Grundhaltung sollte daher die Basis jeder psychologischen Intervention bilden. Vor allem traumatisierte Personen brauchen eine sichere Beziehung, um das Erlebte verarbeiten zu können.
Indem man Betroffene – sofern es die Umstände zulassen – über ihre Diagnose aufklärt, gibt man ihnen bereits ein wenig Kontrolle über die Situation und die folgenden Interventionen, heißt es in der aktuellen S2k-Leitlinie zur akuten Traumatisierung. Dazu gehört, sie wenn möglich über Risiken, Prognose und Kosten sowie Verfügbarkeit einer Behandlung zu informieren.
Als psychologische Frühinterventionen nennen die Leitlinienautoren drei Präventionsstrategien. Wann bzw. bei wem welche Maßnahmen zum Einsatz kommen, hängt von der Zielgruppe ab: Adressiert man die gesamte Bevölkerung (universelle Prävention)? Richtet man sich nur an jene, die ein erhöhtes Risiko tragen (selektive Prävention)? Oder wurde eine Gruppe identifiziert, die gescreente Risikofaktoren aufweist (indizierte Prävention)?
Die meisten Betroffenen brauchen nach einem traumatischen Ereignis keine spezielle psychosoziale Unterstützung. Allerdings schätzen es viele, wenn man ihnen ein paar Informationen an die Hand gibt, zum Beispiel zu typischen Erlebnisprozessen, Bewältigungsstrategien oder konkreten Beratungsangeboten.
Niemanden zwingen, über seine Gefühle zu sprechen!
Die Psychotherapeutenkammer Niedersachsen hat dazu mehrere gut aufbereitete Broschüren erstellt. Die psychosoziale Notfallversorgung umfasst fünf Prinzipien:
- Sicherheit, soweit es real möglich ist, fördern
- beruhigen und entlasten
- Selbstwirksamkeit und Kontrolle der Einzelpersonen bzw. in der Gruppe fördern
- Kontakt und Anbindung fördern
- Hoffnung und Zukunftsorientierung stärken
Die Autoren warnen ausdrücklich davor, Beteiligte direkt nach einem Trauma dazu zu drängen, über ihre emotionalen Reaktionen zu sprechen. Zwingen Sie also niemanden, Hilfe in Anspruch zu nehmen! Damit Ihre Mühen nicht ins Leere laufen, braucht es auf Seiten der Betroffenen Bereitschaft.
Vor allem eine Beziehungssache
Betroffene mit erhöhter Symptomlast im Auge behalten
Indizierte Präventionsmaßnahmen umfassen eher unspezifische Interventionen. In Einzelberatungen lernen Patienten unter anderem, aktiv mit Stress und Problemen umzugehen, eigene Ressourcen zu stärken und/oder sich gezielt zu entspannen. Wie in der universellen und selektiven Prävention kommt der Psychoedukation ein zentraler Stellenwert zu. Die Inhalte sind praktisch identisch: Stressreaktionen, posttraumatische Symptome, deren Verlauf und Tipps zur Bewältigung. Zeigen Betroffene eine erhöhte Symptomlast, steigt das Risiko einer Traumafolgestörung. In diesen Fällen raten die Experten, Patienten besonders in den ersten Wochen verstärkt zu beobachten und bei Bedarf eine Weiterbehandlung zu planen („watchful waiting“). Ein unterstützendes soziales Umfeld kann dabei helfen, akute Traumata zu verarbeiten. Angehörige, Lebenspartner und andere nahestehende Personen können direkt in die Interventionen einbezogen werden. Nicht nur, dass sich so die Chancen erhöhen, Folgestörungen im Keim zu ersticken. Auch lassen sich so potenzielle Konflikte oder ein Substanzmissbrauch vorbeugen.Quelle: S2k-Leitlinie Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung, AWMF-Register-Nr. 051-027, www.awmf.org