Diarrhö bei Kindern Rehydrieren, rehydrieren, rehydrieren!

UEG Week 2024 Autor: Nina Arndt

Die wichtigste Säule der Diarrhötherapie bei Kindern ist die Rehydrierung. Die wichtigste Säule der Diarrhötherapie bei Kindern ist die Rehydrierung. © Suzi Media – stock.adobe.com

Durchfallerkrankungen gelten als die dritthäufigste Todesursache bei Kindern unter sechs Jahren. Sie zählen zudem zu den Hauptursachen für Mangelernährung bei unter Fünfjährigen. Das gilt nicht nur für Entwicklungsländer – auch in Industriestaaten sterben noch immer Kinder an Diarrhö. Und das, obwohl es gute Behandlungsmöglichkeiten gibt.

Ein wichtiger Indikator für eine Gastroenteritis bei Kindern ist die Stuhlkonsistenz. Zwar versteht man unter Diarrhö definitionsgemäß eine verringerte Konsistenz, eine erhöhte Stuhlfrequenz von mindestens drei Entleerungen pro Tag und ein Stuhlvolumen 20 g/kg/d. Doch in der Praxis analysiere man so gut wie nie das Stuhlvolumen, erklärte Prof. Dr. Jernej­ Dolinšek­ vom Medizinischen  Zentrum der Universität Maribor. Auch die Bewertung der Konsistenz spiele im Klinikalltag eine geringere Rolle.

Eine Diarrhö lässt sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren. Je nachdem, wie lange die Beschwerden andauern, unterscheidet man zwischen akut (< 7 Tage), anhaltend (> 7 Tage) und chronisch (≥ 14 Tage). Anhand der osmotischen Lücke wird zudem zwischen osmotischer (> 100 mOsm/kg) und sekretorischer Diarrhö (< 50 mOsm/kg) differenziert. 

In Europa tritt vor allem die osmotische Form auf. Da diese durch die Aufnahme von schlecht oder nicht resorbierbaren Substanzen verursacht wird, hilft Betroffenen eine Nahrungskarenz. Bei einer sekretorischen Diarrhö bringt die Fastenphase hingegen nichts oder nur wenig. Sie kann durch bakterielle Toxine ausgelöst werden und ist mit einer erhöhten Morbidität sowie Mortalität assoziiert. 

Hinter einer akuten Diarrhö stecken meist Viren

Als am sinnvollsten erachtete Prof. Dolinšek­ die Einteilung nach Ätiologie: Diarrhö aufgrund von physiologischen Ursachen (z. B. Alaktasie), Infektionen, Medikamenten (z. B. Antibiotika) usw. Wenn es sich um eine akute Diarrhö handelt, ist der Auslöser meist infektiologischen Ursprungs. Für die Infektionen sind in etwa 70 % der Fälle Viren verantwortlich, in 20–30 % Bakterien und in 2–5 % Parasiten. Zu den häufigsten Erregern zählen Rota-, Noro- und Adenoviren sowie Campylobacter und Salmonellen. 

Für die Diagnostik ist insbesondere die Anamnese wichtig. Zudem können verschiedene Laboranalysen (z. B. CBC, CRP, Urea) durchgeführt werden. Jedoch bewertete der Referent diese bei Kindern nur in bestimmten Fällen als sinnvoll. So lässt sich mittels mikrobiologischer Tests und Genanalyse zwar der Erreger identifizieren, aber am Ende ist es nicht die Infektion selbst, sondern die Dehydrierung, die zum Tod führt, betonte Prof. Dolinšek­. Die Behandlung der jungen Patientinnen und Patienten basiert daher vor allem auf zwei Pfeilern: Rehydrierung und Ernährung.

Die wichtigste Therapiesäule ist die Rehydratation, so Prof. Dolinšek­. Der ESPGHAN** zufolge sollte diese bei Kindern oral mit einer Trink­lösung erfolgen oder, falls das nicht möglich ist, mit einer nasogastralen Sonde. Die Zusammensetzung schwankt je nach Richtlinie ein wenig. Säfte oder Cola zählen nicht als Alternative für eine solche Trinklösung, merkte Prof. Dolinšek­ an. Es gebe zwar Studien, die ergaben, dass verdünnter Apfelsaft eine Besserung bringen kann – das gelte aber nur bei milder Diarrhö. 

Auch wenn orale Rehydratationslösungen in den Leitlinien empfohlen werden, sieht die Praxis anders aus. So zeigte eine italienische Untersuchung, dass der Flüssigkeitsaustausch in 42 % der Fälle intravenös erfolgte und nur bei 17 % oral. Die Ergebnisse der Arbeit ließen sich auch auf andere Länder übertragen, so Prof. Dolinšek­. Und das, obwohl eine intravenöse Rehydrierung nur in bestimmten Situationen angebracht ist, z. B. bei Schock, Bewusstseinsstörung oder wenn sich das Kind immer wieder übergeben muss. Der Referent erklärte das damit, dass viele Eltern eine intravenöse Rehydrierung erwarten würden. Zudem gehöre die intravenöse Rehydrierung meist zum Standardablauf, den man in einer Klinik erst mal durchbrechen müsste.

Keine Substitution für die Rehydrierung, aber eine Ergänzung können Probiotika wie Saccharomyces boulardii, Lactobacillus rhamnosus oder Limosilactobacillus reuteri darstellen. Es gibt einige Studien, die einen möglichen Nutzen bestätigen – allerdings mit einem geringen Evidenzgrad, merkte Prof. Dolinšek­ einschränkend an. 

Stillenden rät er zudem, die Kinder auch bei akuter Diarrhö weiterhin zu stillen. Kleine Patientinnen und Patienten, die keine Muttermilch mehr bekommen, sollten im Falle einer Hospitalisierung nur laktosefreie Milch erhalten, so der Referent. Medikamentös lassen sich die Beschwerden zudem mit Racecadotril lindern. 

Quelle: UEG* Week 2024

*    United European Gastroenterology
**    European Society for Paediatric Gastroenterology Hepatology and Nutrition