Vorhofflimmern Rhythmus in den Fingern
Wie gut schneidet ein digitales Screening auf Vorhofflimmern im Vergleich zu einem traditionellen Check ab? Das war die Fragestellung der eBRAVE-AF-Studie, die Prof. Dr. Axel Bauer von der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin III vorstellte. Teilgenommen hatten ältere Smartphonebesitzer mit erhöhtem Schlaganfallrisiko, die aus der Versicherungskammer Bayern rekrutiert worden waren. Die Kommunikation zwischen ihnen und den betreuenden Forschern erfolgte über eine spezielle Studien-App auf dem Smartphone.
Handy-Kamera als Plethysmograf
In einer ersten sechsmonatigen Phase nutzten 2.860 Personen das digitale Screening, 2.691 erhielten herkömmliche Check-ups. Das mittlere Alter lag bei 65 bzw. 66 Jahren. Nach dem halben Jahr konnten die Probanden den Studienarm für weitere sechs Monate wechseln, in der Smartphone-Gruppe waren dann 2.387 Menschen, im Vergleichskollektiv 2.365.
Die digitale Überwachung erfolgte über Photoplethysmografie (PPG). Die Teilnehmer platzierten einen Zeigefinger für eine Minute auf der Kamera ihres Handys – in den ersten 14 Tagen zweimal täglich, dann zweimal wöchentlich. Gab es Auffälligkeiten, erhielten sie per Post einen externen EKG-Loop-Rekorder, den sie zwei Wochen lang anlegten. Primärer Endpunkt war neu auftretendes Vorhofflimmern (VHF) in den ersten sechs Monaten, das die Initiierung einer oralen Antikoagulation nach sich zog. Die Therapieentscheidung trafen externe lokale Ärzte, die nicht in die Studie involviert waren.
Aufdeckungsrate stieg langsam, aber stetig an
Mit dem Smartphone-Screening trat der primäre Endpunkt in 38 Fällen ein, mit normaler Überwachung in 17 (Odds Ratio, OR, 2,12). Auch in der zweiten Studienphase überzeugte der Handyscan mit 33 neu ermittelten VHF-Patienten, das Routinescreening schaffte 12 (OR 2,95). Sekundäranalysen ergaben, dass VHF, PPG-ermitteltes VHF und abnorme PPG-Befunde signifikant mit schweren kardio- und zerebrovaskulären Ereignissen korrelierten (Hazard Ratios 6,1; 3,2 und 2,7).
Möglicherweise könnten Geräte, die die Herzfrequenz kontinuierlich passiv messen, z.B. Ringe, die Aufdeckungsrate noch weiter verbessern, sagte Prof. Bauer. Außerdem müsse noch untersucht werden, inwieweit sich eine verbesserte digitale Diagnostik in Behandlungserfolgen niederschlägt.
Dr. Emma Svennberg, Karolinska-Universitätskrankenhaus in Stockholm, merkte als Diskutantin an, dass die Aufdeckungsrate in der Studie über das gesamte Jahr hinweg langsam, aber stetig anstieg, ohne ein Plateau zu erreichen. Daraus ergibt sich ihrer Meinung nach die wichtige Frage, wie lange man screenen sollte. Diese gilt es laut den Studienautoren ebenfalls noch zu beantworten.
Kongressbericht: ESC* Congress 2022
* European Society of Cardiology