Intensive Nutzung von sozialen Medien und Smartphones gefährdet Jugendliche
Die Angst, etwas zu verpassen, hat es inzwischen bis in die medizinische Fachliteratur geschafft. Genau definiert ist die „fear of missing out“ als allgegenwärtige Befürchtung, andere könnten eine bereichernde Erfahrung machen, ohne dass man ein Teil davon ist. 70 % der US-Teenager treiben sich mehrmals am Tag in sozialen Medien herum, jeder fünfte Teenager in der kanadischen Provinz Ontario sogar mehr als fünf Stunden. Das Ganze stets mit dem Risiko, der eigenen Psyche zu schaden, wie Dr. Elia Abi-Jaoude, Department of Psychiatry, Toronto Western Hospital, und Kollegen anhand der akutellen Datenlage veranschaulichen.
Ab zwei Stunden pro Tag leidet die Schlafqualität
Zahlreiche Reviews, Querschnitt- und Längsstudien verknüpfen den Smartphone- und Social-Media-Gebrauch mit psychischen Störungen, selbstverletzendem Verhalten und Suizidalität, schreiben die Experten. Dabei scheint es eine Dosis- Wirkungs-Beziehung zu geben und Mädchen scheinen stärker betroffen zu sein. Beispielsweise waren Teilnehmerinnen einer randomisierten Untersuchung schlechter gelaunt, nachdem sie 10 Minuten auf Facebook unterwegs waren. Der intensive Gebrauch des sozialen Netzwerkes schränkt einer Befragung zufolge die psychische Gesundheit und die Lebenszufriedenheit ein. Neid oder das Verlangen, sein Aussehen ändern zu wollen, entstehen durch das permanente Vergleichen häufiger.
Tipps zur Aufklärung von Jugendlichen
- Bei Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen (und deren Eltern) das Medienverhalten thematisieren.
- Das Gespräch mit Heranwachsenden sollte offen und unvoreingenommen sein, emotionale Sicherheit und Vertrauen vermitteln sowie die Autonomie des Gegenübers wahren.
- Jugendliche ermutigen, auch ihren Freunden zu sagen, dass sie die Social-Media-Nutzung zurückfahren.
- Banal, aber wichtig, um die entstehende „Lücke“ zu füllen: Alternativen zur Online-Kommunikation aufzeigen, wie persönliche Treffen oder Telefonate.
- Eltern mit einbeziehen, um die Online-Nutzung zu verringern. Mehr als 1–2 h/d in den sozialen Medien scheinen problematisch. Eventuell „bildschirmlose Zeiten“ vereinbaren.
- Eltern animieren, selbst weniger Zeit am Handy zu verbringen.
- Zur Schlafhygiene in den 1–2 h vor dem Zubettgehen nicht an Bildschirmen hängen und entsprechende Geräte ganz aus dem Schlafzimmer verbannen.
Quelle: Abi-Jaoude E et al. CMAJ 2020; 192: E136-E141; DOI: 10.1503/cmaj.190434