SGLT2-Inhibitoren Schutz für altersschwache Herzen

DGIM 2023 Autor: Dr. Angelika Bischoff

Die häufigste Ursache einer HFpEF ist eine schlecht eingestellte arterielle Hypertonie. Die häufigste Ursache einer HFpEF ist eine schlecht eingestellte arterielle Hypertonie. © Rawpixel.com – stock.adobe.com

Ohne SGLT2-Inhibitoren ist die medikamentöse Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz über 80 Jahre unvollständig. Man müsse es schon sehr gut begründen, wenn man die Substanzen nicht einsetze, sagte ein Kollege sogar.

SGLT2-Hemmer werden in der ESC*-Leitlinie für Herzinsuffizienz uneingeschränkt bei allen Patienten mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) empfohlen – unabhängig von ihrem Alter. Man müsse es also sehr gut begründen, wenn man diese Substanzen nicht einsetzt, betonte Prof. Dr. ­Armin ­Imhof von der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Ulm in einer Pro- und Kontra-Sitzung.

SGLT2-Hemmer reduzieren bei HFrEF nachweislich die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse und das Risiko, wegen der Insuffizienz stationär behandelt zu werden. Aber gerade auch für Patienten mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) – sie stellen im höheren Lebensalter die Mehrheit – bedeuten SGLT2-Hemmer einen großen Fortschritt. Denn klassische Therapeutika wie ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptor­antagonisten, ARNI, Betablocker und Mineralokortikoidrezeptor-Ant­agonisten erzielten in Studien bisher keine überzeugende Reduktion von Morbidität und Mortalität.

Vor allem ältere HFpEF-Patienten profitieren

Mit den SGLT2-Hemmern hat man endlich Medikamente in der Hand, um diese beiden Punkte bei HFpEF günstig zu beeinflussen. Und es gibt aus den großen Studien auch positive Ergebnisse für Patienten über 80 Jahre. In der DELIVER-Studie mit Dapagliflozin war etwa die Hälfte der Patienten > 75 Jahre alt (Durchschnitt 80,5 Jahre). Der kombinierte primäre Endpunkt – Verschlechterung der Herzinsuffizienz, Hospitalisation und kardiovaskulärer Tod – nahm ausschließlich in der älteren Subgruppe unter dem SGLT2-Hemmer signifikant ab.

Die EMPEROR-Preserved-Studie mit Empagliflozin lieferte ebenfalls solide Aussagen zu älteren Patienten, wiederum profitierten die über 80-Jährigen am deutlichsten. Unterstützt wurde der Effekt durch eine Stabilisierung der Nierenfunktion. In jüngeren Altersgruppen fiel der prognostische Nutzen von Empagliflozin geringer aus, unter 75 Jahren wurde der Unterschied gar nicht signifikant.

Man müsse aber bedenken, dass die häufigste Ursache einer HFpEF eine schlecht eingestellte arterielle Hypertonie ist, mahnte Prof. Imhof. Wenn der Blutdruck nicht stimmt, könnten auch SGLT2-Inhibitoren keine ausreichende Wirkung entfalten, so der Kollege.

Angesichts der überzeugenden Evidenz falle es ihm außerordentlich schwer, eine Kontraposition einzunehmen, räumte Prof. Dr. ­Cornelius ­Bollheimer, Medizinische Klinik VI, Uniklinik RWTH Aachen, zu Beginn seines Vortrags ein. Er beschränkte sich deshalb in seinen Ausführungen auf einige ergänzende Informationen.

So sei aus geriatrischer Sicht die Gruppe der älteren Patienten zwar in den Studien zur Herzinsuffizienz gut repräsentiert, das gelte aber nicht für die Untersuchungen zur chronischen Niereninsuffizienz (chronic kidney disease, CKD) und auch nicht für die ersten Studien zur antiglykämischen Therapie. Altersstratifizierte Auswertungen zu den CKD-Studien liegen noch nicht vor. Aber der Kollege erwartet, dass dabei nicht viel herauskommen wird, so wie in den Diabetesstudien, da in beiden Indikationen zu wenig ältere Patienten teilnahmen.

Um doch noch ein Haar in der Suppe zu finden, ging Prof. Bollheimer näher auf die Nebenwirkungen ein. Aus den Daten der Studien zur Herzinsuffizienz leitete er ab, dass unter den schweren unerwünschten Ereignissen ältere Patienten vor allem genitale Infektionen, Volumendepletion und bei Diabetikern Harnwegsinfekte erleiden. Genitale Infektionen verlaufen zwar in der Regel mild, sollten aber in der Praxis beachtet werden, so Prof. Bollheimer. Es empfehle sich, SGLT2-Hemmer drei Tage vor einer Operation oder anderen Intervention abzusetzen.

*    European Society of Cardiology

Kongressbericht: 129. Kongress der DGIM