Schwangerschaftsübelkeit statt Morgenübelkeit?
Übelkeit und Erbrechen in den Morgenstunden gelten als typisches Schwangerschaftsproblem. Morning sickness nennt man deshalb im angelsächsischen Sprachraum das Phänomen. Dieser Begriff bagatellisiere das Problem jedoch, stellen britische Wissenschaftler klar. Denn die Frauen werden den ganzen Tag über von ihren zum Teil schweren Symptomen gequält.
Depressionen, Beziehungsprobleme, Sorgen um das ungeborene Kind: Schon die mit der Morgenübelkeit verbundenen Probleme zeigen, dass es sich bei den Beschwerden um weit mehr handelt, als nur um eine lästige Befindlichkeitsstörung. Einer älteren Studie zufolge leidet jede dritte Betroffene so heftig, dass sie zumindest vorübergehend nicht zur Arbeit gehen kann, berichten Dr. Roger Gadsby von der Warwick Universität und Kollegen.
Bei vielen Frauen sei die Lebensqualität erheblich eingeschränkt. Mithilfe von Symptomtagebüchern von 256 Frauen haben die Wissenschaftler untersucht, wie die Frauen ihre Beschwerden in den ersten 60 Tagen ihrer Schwangerschaft erleben. Die Daten hatte eine Firma zur Verfügung gestellt, die Geräte zur Heimdiagnostik herstellt. Ursprünglich wollte man etwas über die Hormonspiegel in der frühen Schwangerschaft erfahren.
Ein klares zeitliches Muster gibt es bei der sogenannten Morgenübelkeit keineswegs. „Die Resultate zeigen eindeutig, dass die Probleme zu jeder Tages- und Nachtzeit auftreten“, berichten die Autoren. Nur im Hinblick auf das Erbrechen zeigte sich eine gewisse Regelmäßigkeit: Davon wurden die Betroffenen tatsächlich am heftigsten zwischen 7 Uhr morgens und 13 Uhr am Mittag gequält.
Der Begriff Morgenübelkeit lege irrtümlich nahe, dass es den betreffenden Frauen zu den anderen Tageszeiten deutlich besser gehe und sie deshalb uneingeschränkt ihre Verpflichtungen erfüllen könnten, merken die Autoren an. Auch deswegen plädieren sie dafür, besser die präzisere Bezeichnung Schwangerschaftsübelkeit zu wählen.
Quelle: Gadsby R et al. Br J Gen Pract 2020; 70: e534-e539; DOI: 10.3399/bjgp20X710885