Verursachen Ringelröteln in der Schwangerschaft schwere Komplikationen?
Der Erreger des an sich harmlosen Erythema infectiosum, das Parvovirus B19 (B19V), gehört zu einer ganzen Parvoviridae-Familie, schreibt Privatdozentin Dr. Annelie Plentz vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg. Dazu zählen die ebenfalls weit verbreiteten humanen Bocaviren (hBoV) – allen voran hBoV1, mit dem sich bis zum Alter von sechs Jahren so gut wie jedes Kind infiziert.
B19V-Infektionen gehören zu den klassischen Kinderkrankheiten, die gehäuft in der kalten Jahreszeit auftreten und durch Tröpfcheninfektion übertragen werden. Eintrittspforte bildet der Oropharynx. Im Körper vermehrt sich der Erreger in den erythroiden Vorläuferzellen, was schließlich zu deren Apoptose führt. Neben einer klinisch inapparenten Anämie kann es zu geröteten Wangen und einem Exanthem im Gesicht, am Stamm und den Extremitäten mit typischem Girlandenmuster kommen. Eine Infektiosität besteht allerdings schon einige Tage zuvor.
In der Regel verläuft die Erkrankung mild oder asymptomatisch. Während in unkomplizierten Fällen die klinische (Blick-)Diagnose ausreicht, sollte man bei den folgenden Risikogruppen per Polymerase-Kettenreaktion (PCR) differenzialdiagnostisch eine Infektion mit Parvovirus B19 ausschließen:
- akute aplastische Anämie auf dem Boden einer vorbestehenden hämolytischen Anämieform (zum Beispiel Sichelzellanämie, Sphärozytose)
- bei immunsupprimierten Kindern mit (chronischen) aplastischen Anämien
Da die Virusinfektion auch transplazentar von der Mutter auf den Fötus übertragen werden kann, sollten seronegative schwangere Frauen vorsichtig im Umgang mit Kindern im Alter von unter sechs Jahren sein. Das gilt vor allem von der 10. bis zur 20. Schwangerschaftswoche.
Keine spezifischen Virostatika vorhanden
Lässt sich ein enger Kontakt mit Infizierten nicht vermeiden, sollte eine PCR-Testung folgen. Im Fall eines positiven Ergebnisses wird ein regelmäßiges dopplersonographisches Screening zur Diagnostik einer fetalen Anämie empfohlen, da die Infektion zum Hydrops fetalis oder zum Abort führen kann.
Bislang existieren keine spezifischen Virostatika gegen B19V, daher erfolgt die Behandlung symptomatisch. Sowohl die aplastische Krise als auch die chronische aplastische Anämie lassen sich gut mittels Transfusion von Erythrozytenkonzentraten in den Griff bekommen. Auch wenn eine gezielte Prävention aufgrund der frühzeitigen Infektiosität und der häufig asymptomatischen Verläufe nicht immer möglich ist, rät die Autorin, im häuslichen Bereich auf gewisse Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen zu achten.
Quelle: Plentz A. Monatsschr Kinderheilkd 2020; 168: 524-529; DOI: 10.1007/s00112-020-00927-7