Röteln: Bei jedem Verdacht Rachenabstrich und Urin auf Viren-RNA untersuchen lassen
Die üblichen, postnatalen Röteln verursachen meist nur leichte Symptome. Nach Lymphknotenschwellungen – v.a. nuchal/retroaurikulär – und unspezifischen Prodromi erscheint ein kleinfleckiges makulöses bis makulopapulöses Exanthem. Der Ausschlag beginnt im Gesicht, verbreitet sich über Körper und Extremitäten und verschwindet nach ein bis drei Tagen, schreiben Experten des Robert Koch-Instituts (RKI), Berlin. Kinder entwickeln oft nur das Exanthem, prodromale Arthralgien und Arthritiden finden sich eher bei Erwachsenen. Wichtig: Bis zu 50 % der Infektionen verlaufen asymptomatisch.
Mit schweren Komplikationen muss man bei einer Infektion über die Plazenta rechnen. Besonders hoch ist das Risiko für eine Rötelnembryofetopathie (Congenital Rubella Syndrome, CRS) in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen (Schädigungsrate bis zu 90 %). Während der Organogenese kommt es typischerweise zu Fehlern an Herz (offener Ductus arteriosus), Augen (Katarakt) und Ohren (Innenohrtaubheit), aber auch z.B. zu Enzephalitis und Mikrozephalie. In der 13. bis 16. SSW nimmt die Gefahr deutlich ab und ab der 20. SSW werden Fruchtschäden nur in Ausnahmefällen beobachtet.
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Kontagiosität hält bis zu einem Jahr an
Die Ansteckungsfähigkeit beginnt bereits sieben Tage vor Beginn des Exanthems und dauert bis zu sieben Tage nach dessen Auftreten an. Kinder mit CRS können das Virus über Atemwege und Urin bis zu einem Alter von einem Jahr in großen Mengen ausscheiden und gelten deshalb als infektiös. Auf die rein klinische Diagnose der postnatalen Röteln sollte man sich aufgrund der unspezifischen Symptomatik nicht verlassen. Deshalb empfehlen die RKI-Experten, jeden klinischen Verdacht (Exanthem mit Lymphknotenschwellung) labordiagnostisch abzuklären, z.B. über die Bestimmung der IgM-Antikörper. Sie steigen zu Beginn des Ausschlags und lassen sich etwa sechs Wochen nachweisen. Im Optimalfall wird das Serum ab fünf Tage nach dem Start der Symptomatik abgenommen. Dann haben etwa 90 % der Patienten IgM-Antikörper. Zu beachten ist aber, dass der IgM-Nachweis zu falsch positiven Befunden führen kann, z.B. durch Kreuzreaktionen mit anderen Viren. Außerdem sinkt der positiv prädiktive Wert der Serologie, da Rötelninfektionen insgesamt nur noch selten auftreten. Die Autoren raten deshalb, bei jedem klinischen Verdacht einen Nachweis des Virusgenoms in Rachenabstrich und Urin mittels Reverse-Transkriptase-PCR anzustreben. Die Proben sollten unverzüglich nach Exanthembeginn gewonnen werden (spätestens nach fünf Tagen). Besteht der Verdacht auf Rubella bei Schwangeren oder auf eine konnatale Infektion, muss die Labordiagnostik zwingend erfolgen. Ein positiver IgM-Nachweis stellt wegen möglicher falsch positiver Befunde auf keinen Fall eine Indikation für eine Interruptio dar.Jeder vierte Zweijährige ist unzureichend geimpft
Impflücken möglichst bald schließen
Bei der Einschätzung der Immunität einer Schwangeren mit Rötelnkontakt hilft die Kontrolle des Impfbuchs. Ein Embryopathie-Schutz ist anzunehmen, wenn die werdende Mutter zwei Impfungen erhalten hat oder wenn schützende Antikörper rechtzeitig vor der Gravidität nachgewiesen und ordnungsgemäß dokumentiert wurden. Tests brauchen nur noch ungeimpfte bzw. nur einmal geimpfte Frauen sowie Patientinnen mit unklarer Anamnese und fehlendem IgG-Nachweis. Jede Impflücke sollte möglichst bald geschlossen werden – bei Frauen im gebärfähigen Alter vor einer Schwangerschaft bzw. direkt danach.Postexpositionsprophylaxe wird nicht empfohlen
Eine postexpositionelle Prophylaxe mit Immunglobulinen wird Graviden ohne ausreichenden Schutz mangels Daten nicht empfohlen. Bei Gabe innerhalb von fünf Tagen können sie zwar die Symptome abschwächen, verhindern aber nicht zuverlässig die Infektion des Ungeborenen mit dem Virus.Quelle: Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber Röteln. Epid Bull 2018; 40: 429-437