Prädikat besonders wertlos: Fragwürdige Impfdoku macht auf seriös und sollte alle Ärzte auf den Plan rufen
David Sieveking und seine Lebensgefährtin, die Filmmusik-Komponistin Jessica de Rooij, streiten sich in ihrer Altbauwohnung in Berlin-Kreuzberg. Wenn es nach David ginge, wäre die wenige Wochen alte Tochter Zaria schon längst geimpft. Jessica protestiert. Sie will, dass ihr Kind „metallfrei“ bleibt und nicht „irgendwelche Chemie“ gespritzt bekommt. „Informier dich mal“, fordert sie David auf. Und das tut er mit einer für einen Dokumentarfilmer schon fast erschreckenden Naivität.
Die autobiografisch angelegte Doku begleitet Sieveking, wie er sich während der ersten Lebensjahre von Zaria auf die Suche nach „seriösen Argumenten für die Impfskepsis“ begibt. Und genau hier liegt der Denkfehler, der exemplarisch für eine wachsende Abwehrhaltung gegenüber wissenschaftlich gesicherten Fakten steht. Statt seriöse Argumente fürs Impfen hervorzuheben, bietet Sieveking vor allem einzelnen Kritikern eine Bühne. Der allgemeine medizinische Konsens verblasst im Hintergrund.
Der Film ordnet Google-Ergebnisse scheinbar ungefiltert vermeintlichen Expertengesichtern zu. Da ist der französische Arzt, der Aluminium in Muskelbiopsien nachweist und einen Kausalzusammenhang zum chronischen Fatigue-Syndrom herstellt. Ein ehemaliger Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts wirft seinem alten Arbeitgeber derweil vor, Impfschäden unter den Teppich zu kehren. Ein dänischer Wissenschaftler komplettiert die illustre Verschwörerrunde mit der gewagten These, die dem Kinogänger lange nachhallt: Lebendimpfstoffe sind gut, Totimpfstoffe eher schlecht.
In Fachkreisen hat die Doku „Eingeimpft“ bereits heftige Kritik ausgelöst (siehe Kasten). Sieveking sucht regelrecht nach Mythen und Verschwörungstheorien, er vollzieht einen skurrilen Wandel vom Impfbefürworter zum Zweifelnden. Evidenz klingt wohl zu abschreckend. Der Laie sieht einen zunehmend besorgten Vater und bekommt ein mulmiges Gefühl im Magen, wenn er fortan an die Spritze denkt. Einem fachkundigen Arzt schlägt der Film höchstens aufs Gleichgewichtsorgan, so sehr ist man angesichts der undifferenzierten Aussagen mit Kopfschütteln beschäftigt.
Hinter den Kulissen
- Das Science Media Center Germany hat eine Art wissenschaftliche Rezension veröffentlicht, in der zwölf Experten verschiedenster Fachrichtungen die Doku bewerten.
- Die Seite eingeimpft.de der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e. V. und des Deutschen Konsumentenbundes beantwortet Fragen, die der Film aufwirft.
Quelle: Kommentar