Senioren Schweigen ist nicht immer Gold

Autor: Dr. Franziska Hainer

Spitzenreiter der unerwähnten Symptome waren Mundtrockenheit, Schwindel, Schlafstörungen und Hyperhidrosis. Spitzenreiter der unerwähnten Symptome waren Mundtrockenheit, Schwindel, Schlafstörungen und Hyperhidrosis. © Ljupco Smokovski - stock.adobe.com

Gesundheitliche Probleme bleiben bei älteren Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt oft unausgesprochen, wie eine Studie von Dr. Susanne Schiek und Kollegen, Universität Leipzig, belegt. 

Untersucht wurden 60 frisch entlassene multimorbide Patienten, die median 77 Jahre alt und zuvor orthopädisch (n = 50) oder rheumatologisch (n = 10) stationär in Behandlung gewesen waren. In den standardisierten Telefoninterviews fragten die Forscher 24 Symptome ab, die unter geriatrischen Patienten häufig sind, z.B. eingeschränkte Mobilität, Sehstörungen und Schlafstörungen. Im Median bestätigten die Patienten sechs der genannten 24 Beschwerden – mit einer Bandbreite von einem bis 14 Symptomen. 

Von über 400 Symptomen blieben 28 % unerwähnt

Der weit überwiegende Teil der Beschwerden (86 %) war schon vor dem Krankenhausaufenthalt vorhanden gewesen, 7 % traten währenddessen neu auf. Die übrigen 7 % entwickelten sich erst nach Entlassung. Dabei handelte es sich vor allem um Mundtrockenheit, Alopezie, Schwindel, Ödeme und Hautveränderungen.

Während des stationären Aufenthalts wurden von den Patienten 28 % der insgesamt 415 genannten Symptome weder gegenüber dem medizinischen Personal noch gegenüber Familie und Freunden angesprochen – und dies, obwohl sich fast alle Patienten eine Besserung der Beschwerden wünschten. 

Spitzenreiter der unerwähnten Symptome waren Mundtrockenheit, Schwindel, Schlafstörungen und Hyperhidrosis. Die Befragten begründeten dieses Verhalten ganz unterschiedlich. Manche waren der Meinung, die Symptome seien Begleiterscheinungen des Alters oder der Arzt hätte „Wichtigeres zu tun“. Andere meinten, sie hätten sich daran gewöhnt oder fänden es nicht besorgniserregend. Einige gingen davon aus, dass ihre Beschwerden offensichtlich seien. 

Die Forscher wollten zudem wissen, wie es bei den Betroffenen nach dem Klinikaufenthalt mit der weiteren Behandlung aussah. Nahezu alle bewerteten den Zugang zu medizinischer Hilfe als einfach, 40 % wünschten sich allerdings mehr Unterstützung. Zeit ist offenbar ein limitierender Faktor in der medizinischen Versorgung. Viele Patienten benannten Zeitdruck bei Arztterminen und die schlechte Verfügbarkeit von Facharztterminen als hinderlich für eine gute medizinische Versorgung. 

Apotheker könnten Hilfestellung leisten

Ältere Menschen neigen zu abwartendem Verhalten und therapieren sich häufig selbst, geben die Autoren zu bedenken. Sie brauchen bei der medizinischen Betreuung ein ganzheitliches Management. Eine niederschwellige Anlaufstelle sind Apotheken. Apotheker beraten in puncto Selbstmedikation und sind an einer interprofessionellen Zusammenarbeit interessiert. Sie könnten daher mehr Hilfestellung leisten, schlagen die Autoren vor.

Quelle: Schiek S et al. Z Gerontol Geriat 2024; DOI: 10.1007/s00391-022-02155-y