Vorhofflimmern Screenen, bis der Arzt kommt

Autor: Dr. Daniela Erhard

Einen Patienten mit früh detektiertem Vorhofflimmern kann man rechtzeitig oral antikoagulieren und so die Gefahr für Ischämien reduzieren. Einen Patienten mit früh detektiertem Vorhofflimmern kann man rechtzeitig oral antikoagulieren und so die Gefahr für Ischämien reduzieren. © iStock/magicmine

Vorhofflimmern ist ein Risikofaktor für Schlaganfälle. Lassen sich mehr davon verhindern, wenn man mehr Rhythmusstörungen erkennt? Ganz so einfach ist es nicht.

Klingt logisch: Einen Patienten mit früh detektiertem Vorhofflimmern (VHF) kann man rechtzeitig oral antikoagulieren und so die Gefahr für VHF-bedingte Ischämien reduzieren. Doch in der Realität ist es komplizierter. Diese Erfahrung mussten unlängst zwei Forschungsgruppen machen.

Professor Dr. Jesper Svendsen vom Universitätsklinikum Kopenhagen und Kollegen versuchten es mit einem Loop-Rekorder, den sie einem Viertel der rund 6.000 Probanden ihrer Studie implantierten.1 Die Geräte zeichneten über die Dauer von median fast 5,5 Jahren die Herzaktivität der Probanden auf und förderten dadurch deutlich mehr Fälle von Vorhofflimmern zutage: Während in der Loop-Gruppe fast jeder dritte Proband einmal ein mindestens sechsminütiges VHF hatte, wurde dies unter den übrigen Teilnehmern, die wie sonst zum Arzt gingen und einmal jährlich ein Interview mit einer Studienassistentin führten, nur bei 12 % entdeckt. Das führte auch zu einer häufigeren Verordnung von oralen Antikoagulanzien. In einer deutlichen Prävention von Schlaganfällen oder Embolien schlug sich das allerdings nicht nieder. Zwar war das Risiko dafür mit 4,5 % vs. 5,6 % um ein Fünftel geringer, signifikant war dieser Unterschied aber nicht.

4 % weniger Schlaganfälle, Blutungen oder Todesfälle

Wissenschaftler um Dr. Emma Svennberg vom Karolinska Institut in Stockholm eruierten in der STROKESTOP-Studie dagegen, wie viel es bringt, wenn man Senioren für 14 Tage mit einem portablen EKG zweimal täglich den Herzrhythmus aufzeichnen lässt.2 Dafür wählten sie fast 29.000 Personen zufällig aus, von denen sie etwa die Hälfte zu dem Screening einluden, die übrigen bildeten die Kontrollgruppe. Tatsächlich traten im Zeitraum von knapp sieben Jahren bei den Eingeladenen 4 % weniger ischämische oder hämorrhagische Schlaganfälle, systemische Embolien, schwere Blutungen oder Todesfälle auf. Ein signifikanter Effekt auf die jeweils einzelnen Komponenten fand sich allerdings nicht.

Sind Monitorings also das richtige Mittel zur Prävention? Professor Dr. Ben Freedman und Dr. Nicole Lowres von der Universität Sydney geben zu bedenken, dass die kontinuierliche Messung vor allem mehr kurzzeitige VHF-Episoden detektierte, die nicht wirklich risikorelevant seien.3 Ein intermittierendes Monitoring wie in STROKESTOP erfasse dagegen eher VHF mit hoher Bedeutung.

Die Ergebnisse müssen erneut überprüft werden

Ein Problem sei hier jedoch gewesen, dass fast die Hälfte der Eingeladenen nicht am EKG teilnahm.4 Wer es machte, hatte gegenüber den Kontrollen bzw. Nicht-Teilnehmern ein 24–34 % geringeres Risiko für die genannten Komplikationen. Die Ergebnisse müssten also nochmals ohne diese Teilnehmerverzerrung bestätigt werden.

Quellen:
1. Svendsen JH et al. Lancet 2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01698-6
2. Svennberg E et al. Lancet 2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01637-8
3. Freedman B, Lowres N. Lancet 2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01785-2
4. Lowres N, Freedman B. Lancet 2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01750-5