Ein Erreger, zwei Krankheiten So impft man richtig gegen Varizellen und Zoster
Insbesondere bei Schwangeren, Neugeborenen und Immunsupprimierten kann das Varizella-Zoster-Virus (VZV) schwere Erkrankungen und Komplikationen verursachen (s. Kasten). Nach der Erstinfektion persistiert der Erreger in den Spinalganglien, um bei einer abnehmenden Immunlage einen Herpes zoster mit den typischen dermatombezogenen Bläschen hervorzurufen. Dabei schädigt das Virus die Nervenendigungen und verursacht in vielen Fällen die äußerst schmerzhafte postherpetische Neuralgie, schreibt Prof. Dr. Martina Prelog von der Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg.
Die STIKO empfiehlt für alle Kinder die Immunisierung gegen Varizella mit zwei Impfstoffdosen, und zwar vorzugsweise im Alter von 11 bis 14 Monaten bzw. im Alter von 15 bis 23 Monaten. Die erste Impfung kann gleichzeitig mit der Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) erfolgen; passiert dies nicht, muss man nach der MMR-Immunisierung mindestens vier Wochen warten. Beim zweiten Termin kann man einen MMRV-Kombinationsimpfstoff spritzen. Verpasste Impfungen lassen sich bis zum 18. Geburtstag nachholen.
Die gängige VZV-Vakzine ist ein Lebendimpfstoff, der auf dem attenuierten Oka-Stamm beruht. Die Präparate haben sich in den vergangenen 20 Jahren als sicher, gut verträglich und effektiv erwiesen, betont Prof. Prelog. Studien ergaben, dass sich bereits mit der ersten Dosis bei 70 – 90 % der Geimpften die Erkrankung verhindern lässt. Nach der zweiten Dosis steigt der Schutz auf 95 % und hält über zehn Jahre an. Mit der generellen Empfehlung zur VZV-Impfung ging die Inzidenz der Windpocken signifikant zurück und deutlich weniger Kinder mussten wegen der Erkrankung in die Klinik.
Was Windpocken anrichten können
Die Prävention der Erkrankung ist wichtig, da Varizellen in bis zu 5 % mit Komplikationen einhergehen. Dazu zählen u. a.:
- lokale Komplikationen wie Superinfektionen oder hämorrhagische Varizellen
- Arthritis, Myokarditis, Glomerulonephritis
- zerebelläre Ataxie, aseptische Meningitis, Enzephalitis, Myelitis
- Varizellenpneumonie (v. a. bei Schwangeren, mit einer Letalität von bis zu 50 %)
- fetale Fehlbildungssyndrome
Dürfen Menschen unter Immunsuppression gegen VZV geimpft werden? Eigentlich nicht, schließlich handelt es sich um eine Lebendvakzine. Dennoch geben heute die verschiedenen Fachgesellschaften ebenso wie die STIKO differenzierte Empfehlungen, je nachdem, ob die Medikamente zu einer geringgradigen oder zu einer schweren Immunsuppression führen. Bestenfalls wird vor einer geplanten Immunsuppression der Antikörperstatus überprüft und der Impfschutz vervollständigt.
Postexpositionsprophylaxe für Immunsupprimierte
Prof. Prelog weist darauf hin, dass es mit VZV-Hyperimmunglobulin eine Postexpositionsprophylaxe für Personen gibt, die Risikofaktoren für einen schweren Windpockenverlauf aufweisen. Diese passive Immunisierung kommt z. B. für Immunsupprimierte und Schwangere infrage.
Eine Varizellenimpfung in der Kindheit schützt nicht vor einem späteren Zoster. Mit dem adjuvantierten rekombinanten Zosterimpfstoff steht eine effektive und sichere Totvakzine gegen Gürtelrose zur Verfügung, die die STIKO für alle über 60-Jährigen empfiehlt. Der Impfstoff ist auch für Personen ab 18 Jahren mit erhöhtem Herpes-zoster-Risiko zugelassen.
Quelle: Prelog M. Akt Dermatol 2024; 50: 329-336; DOI: 10.1055/a-2312-5514