Chronische Obstipation Sorgfältig die Ursache abklären

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Durch eine schwere Entleerungsstörung kann sich auch eine Slow-Transit-Obstipation entwickeln. Durch eine schwere Entleerungsstörung kann sich auch eine Slow-Transit-Obstipation entwickeln. © Andrey Popov – stock.adobe.com

Die Therapie der chronischen Obstipation hängt davon ab, ob eine Stuhlentleerungsstörung besteht oder ein verlangsamter Transit. Mit Spezialverfahren wie (MR-)Defäkografie, Analmanometrie, Ballonexpulsionstest und Transitzeitmessung lässt sich dies klären.

Nur etwa 10–15 % der Patienten mit chronischer Verstopfung weisen eine Slow-Transit-Obstipation mit enterischer Neuropathie auf. Bei ca. 60 % der Patienten ist der Transit normal. Etwa 30 % leiden unter einem obstruktiven Defäkationssyndrom. Die verschiedenen Formen überlappen sich auch miteinander sowie mit dem Reizdarmsyndrom, welches sich oft nur durch eine höhere Schmerzintensität unterscheidet. 

Typisch für eine Transitstörung ist eine niedrige Stuhlfrequenz

Die Anamnese erlaubt schon eine gewisse Zuordnung, betonte Prof. Dr. Christian­ Pehl, Krankenhaus Vilsbiburg. Typisch für eine Transitstörung ist vor allem die niedrige Stuhlfrequenz von weniger als drei Stühlen pro Woche. Mehr für eine Entleerungsstörung spricht, wenn der Patient ein subjektives Gefühl der unvollständigen Entleerung oder Obstruktion angibt oder der Defäkation manchmal mit manuellen Manövern nachhelfen muss. 

Wenn eine chronische Obstipation mit diätetischen Maßnahmen, Prokinetika und/oder Laxanzien nicht zu beheben ist, sollte man dem Problem mit Spezialverfahren auf den Grund gehen. Eine Transitstörung lässt sich in der Praxis ganz einfach mit der Röntgentransitzeitmessung erfassen. Dafür sind Kapseln mit je 10 oder 20 Markern kommerziell erhältlich. Der Patient muss über sechs Tage je eine Kapsel einnehmen und darf in dieser Zeit keine Abführmittel verwenden. Am siebten Tag wird eine Abdomen-Becken-Röntgenübersichtsaufnahme angefertigt. Auf dieser zählt man die Marker im rechten und linken Kolon sowie im Rektosigmoid. 

Die Gesamt-Transitzeit ergibt sich, wenn man die Zahl der Marker in den drei Segmenten mit 2,4 (bei Kapseln mit 10 Markern) oder 1,2 (bei Kapseln mit 20 Markern) multipliziert. Normal ist eine Transitzeit von < 72 Stunden, sicher pathologisch eine von > 96 Stunden.  

Bei Patienten, die nicht gut ohne Abführmittel klarkommen, kann eine Kurzform dieses Tests angewendet werden. Der Patient nimmt nur eine Kapsel ein und verzichtet nur bis zur Röntgenaufnahme an Tag vier auf Laxanzien. Wenn sich im Röntgenbild noch mehr als 20 % der Marker in den drei Segmenten finden, gilt dies als pathologisch.

Aber auch bei einer schweren Entleerungsstörung kann sich sekundär durch „Stau im Darm“ eine Slow-Transit-Obstipation entwickeln. Nur mit einer Kolonmanometrie kann man dann zwischen Transit- und Entleerungsstörung unterscheiden. Bei letzterer laufen „geordnete“ Peristaltikwellen durch das Kolon, bei ersterer geht es ungeordnet hin und her, erklärte Pehl. Goldstandard zum Nachweis der enterischen Neuropathie ist die histopathologische Untersuchung einer Vollwandbiopsie. 

Die Analmanometrie liefert Details zum Sphinkterdruck

Eine Stuhlentleerungsstörung lässt sich mittels (MR-)Defäkografie organisch und durch Analmanometrie abklären. Mit der Defäkografie findet man vielleicht eine Rektozele oder einen inneren Prolaps. Da solche Veränderungen auch bei Gesunden häufig sind, sollten die Patienten zum Spezialisten, z.B. in ein Beckenbodenzentrum, geschickt werden, damit dort die Relevanz der erhobenen Befunde beurteilt und die Frage nach einer OP-Indikation beantwortet werden. 

Die standardisierte hochauflösende Analmanometrie quantifiziert den Sphinkterdruck, objektiviert die anorektale Sensorik, kann einen Morbus Hirschsprung ausschließen und eine Beckenbodendyssynergie klassifizieren. Da die Analmanometrie auch bei Gesunden fälschlich das Bild einer Beckenbodendyssynergie ergeben kann, sollte zum Nachweis einer Entleerungsstörung immer ein zweites Verfahren eingesetzt werden, entweder eine Defäkografie oder ein Ballonexpulsionstest. Dabei wird ein Ballon ins Rektum eingeführt und mit 50 ml Wasser gefüllt. Normalerweise dauert es weniger als 60 Sekunden, bis der Patient sich des Ballons auf der Toilette entledigt hat. Ein genauer Zeitstandard fehlt allerdings.

Quelle: Kongressbericht Viszeralmedizin 2022