Infektiöse Entzündung der Herzinnenhaut Symptome einer Endokarditis können sich gut tarnen 

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Bei der körperlichen Untersuchung ist vor allem auf ein neu aufgetretenes Herzgeräusch zu achten. Bei der körperlichen Untersuchung ist vor allem auf ein neu aufgetretenes Herzgeräusch zu achten. © staras - stock.adobe.com

Die infektiöse Endokarditis fordert selbst erfahrene Hausärztinnen und Hausärzte heraus. Diffuse und unspezifische Symptome verlangen nach einem genauen diagnostischen Blick, der potenziell tödliche Ausgang der Erkrankung macht schnelles Handeln notwendig. Dabei steckt der Teufel im Detail.

Das Kardinalsymptom der infektiösen Endokardentzündung ist und bleibt das Fieber. Laut dem Euro-Endo-Register* tritt es bei etwa 78 % der Betroffenen auf. Deshalb sollte man bei unklarer Ursache der erhöhten Körpertemperatur immer an diese Erkrankung denken. Zur Basisdiagnostik gehören Anamnese, körperliche Untersuchung, Laborwerte und die Blutabnahme zur Anlage von Kulturen. Eine Urinuntersuchung und ein Röntgenthorax kommen ggf. hinzu. Die weitere Diagnostik hängt von den Wahrscheinlichkeiten ab, die sich aus den verschiedenen Befunden ergeben, schreibt ein Team um Selina Klenantz vom Klinikum der Stadt Ludwigshafen.

Personen mit infektiöser Endokarditis sind im Durchschnitt etwa 60 Jahre alt und mehrheitlich männlich. Der weitaus wichtigste Risikofaktor ist eine bereits durchgemachte Herzinnenhautentzündung. Von großer Bedeutung sind auch implantierte Unterstützungssysteme, kongenitale Vitien (mit palliativem Shunt) und mechanischer Klappenersatz bzw. eine valvuläre Reparatur mit Fremdmaterial.

Es drohen Schlaganfälle und Herzinsuffizienz

Das klinische Bild reicht von der oligosymptomatischen subfebrilen Erkrankung bis zur akuten Sepsis. Unterschieden werden zwei Formen: die rasch fortschreitende Endokarditis acuta und die chronisch subklinisch verlaufende Endokarditis lenta. Laut Euro-Endo-Register entwickelt etwa ein Viertel der Erkrankten das klinische Bild einer Herzinsuffizienz und/oder eine symptomatische Embolie, vorwiegend in Form von Schlaganfällen.

Bei der körperlichen Untersuchung ist vor allem auf ein neu aufgetretenes Herzgeräusch zu achten. Klassische periphere Zeichen finden sich nur selten und haben eine geringe Sensitivität und Spezifität. Mehrheitlich treten sie bei schweren Staphylococcus-aureus-Infektionen und bei der Endokarditis lenta auf. Am häufigsten finden sich Roth-Spots und Splinter-Hämorrhagien, also Einblutungen in Retina bzw. Nagelbett. Die schmerzhaften Osler-Knötchen zeigen sich überwiegend an Fingerspitzen und Zehen.

Endokarditisspezifische Laborwerte sind nicht bekannt. Zur Verfügung stehen allgemeine Entzündungsmarker (C-reaktives Protein, BSG, Procalcitonin, Leukozyten etc.) und organspezifische Funktionsparameter. Sie eignen sich zur Einschätzung von Schweregrad und Therapieerfolg, für den Nachweis der Erkrankung fehlt es ihnen an Spezifität.

Blutkulturen liefern entscheidende Befunde

Ein Eckpfeiler für Diagnosestellung und zielgerichtete Therapie ist die Anlage von Blutkulturen. Diese müssen vor der ersten Antibiotikagabe entnommen werden, was in der Praxis oft unterbleibt, so das Autorenteam. Rund 80–90 % der Endokarditispatientinnen und -patienten weisen einen positiven Befund auf. Am häufigsten nachgewiesen werden Staphylokokken mit einem Anteil von 44 % im Euro-Endo-Register. Staphylococcus aureus befällt native Klappen und Klappenprothesen.

Bei höhergradigem Verdacht auf eine infektiöse Endokarditis– beispielsweise bei neu aufgetretenem Herzgeräusch bzw. neu aufgetretener Insuffizienz– ist eine spezifische Abklärung indiziert. Sie dient vor allem der Darstellung struktureller und funktioneller Veränderungen und extrakardialer Folgen. An erster Stelle steht die Echokardiografie. Wenn diese bereits die definitive Diagnose ergibt, dienen die weiteren Maßnahmen der Detektion etwaiger Komplikationen und der Auswahl der Therapie.

Bei einer möglichen, aber nicht nachgewiesenen Endokarditis trotz klinischen Verdachts sollte die transösophageale Sonografie nach fünf bis sieben Tagen wiederholt werden, bei negativen oder zweifelhaften Befunden auch die Anlage von Blutkulturen. Zudem wird eine Kardio-CT und/oder im Fall einer Klappenprothese eine 18F-FDG/PET-CT empfohlen, bei intrakardialen Devices nur die 18F-FDG/PET-CT.

Quelle: European Infective Endocarditis Register Klenantz S et al. internistische praxis 2024; 68: 155-169