Gicht Treat-to-Target ist ein geeignetes Ziel
Weltweit leidet jeder Zehnte an einer Gicht – damit hat wohl jeder Hausarzt mehrere Betroffene in seiner Praxis. Zwischen Experten ist unklar, woran man sich bei der Therapie orientieren soll: Strebt man besser bestimmte Harnsäurekonzentrationen an (Treat-to-Target-Ansatz), wie rheumatologische Fachgesellschaften empfehlen, oder eher eine Symptomfreiheit (Treat-to-Symptom-Strategie), wozu das American College of Physicians rät? Professor Dr. Lisa Stamp vom Department of Medicine an der University of Otago im neuseeländischen Christchurch und ihre Kollegen haben nun zwei randomisierte Studien herangezogen und sie auf diese Frage hin analysiert.
71 % niedrigeres relatives Risiko für Exazerbationen
Die Wissenschaftler werteten die Daten von fast 600 Gichtpatienten aus, von denen der Großteil (89 %) mit Allopurinol behandelt worden war. Sie definierten zwei Gruppen: 343 Patienten hatten unter der Therapie über sechs Monate einen Uratspiegel von weniger als 6 mg/dl erreicht (Responder); bei den 245 übrigen Patienten war das nicht der Fall (Non-Responder).
Signifikant weniger Responder erlitten in den Monaten 12–24 nach Beginn der Studie eine Exazerbation ihrer Erkrankung. Nach Korrektur für Störfaktoren sank das relative Risiko auf weniger als ein Drittel (Odds Ratio 0,29). Ebenso lag pro Patient die Zahl der Exazerbationen, wenn sie denn auftraten, in der Responder-Gruppe deutlich niedriger.
Optimaler Zielwert muss noch gefunden werden
Die Ergebnisse gingen in die gleiche Richtung, wenn andere Harnsäurekonzentrationen als Zielwerte festgelegt wurden (einmal ein geringer Wert von 5 mg/dl, einmal ein höherer von 7 mg/dl), sodass es zukünftigen Kollegen nicht an Arbeit fehlt: Sie müssten den optimalen Wert herausfinden, den es zu erreichen gilt.
74 Kranke hatten zu Beginn Gichttophi aufgewiesen. Diese Harnsäureablagerungen lösten sich bei den 53 Respondern doppelt so häufig auf wie bei den 21 Non-Respondern (72 % vs. 38 %). Weitere in der Rheumatologie häufig beurteilte Symptome, wie die Zahl der druckschmerzhaften und geschwollenen Gelenke, erosive Gelenkschäden laut Computertomographie und die gesundheitsbezogene Lebensqualität, unterschieden sich dagegen nicht zwischen den Gruppen.
Demnach, so schließen die Wissenschaftler, kann die Serumuratkonzentration als adäquater Surrogatmarker für das Risiko von Gichtanfällen und die Rückbildung von Tophi gelten. Diese Ergebnisse, so hoffen sie, werden zwischen den Fachgesellschaften zu einer Einigung darüber führen, woran sich die Behandlung orientieren sollte.
Quelle: Stamp LK et al. Lancet Rheumatol 2021; DOI: 10.1016/S2665-9913(21)00319-2