Psoriasis Über Kippen, Kinder und neue Konzepte
Neben positiven Nachrichten zu neuen Antikörpern für die Behandlung der Psoriasis gab es in den vergangenen Monaten auch zu anderen Aspekten rund um die Erkrankung Neuigkeiten. Prof. Dr. Ulrich Mrowietz von der Hautklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel stellte eine Auswahl der interessantesten Studien vor.
Risikofaktor Rauchen
Als beeinflussbarer Risikofaktor hat die langfristige Nikotinkarenz in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen. Anlass dafür gaben Studien zur palmoplantaren Pustulose, laut denen Raucher eine deutlich höhere Krankheitsausprägung aufweisen. Eine wichtige Rolle scheint dabei Interleukin(IL)-36 zu spielen, dessen Produktion über hochreguliertes IL-17 bei Rauchern stark gefördert wird und das seinerseits IL-8, das „Pustulogen“ aktiviert. Daten zur Psoriasis vulgaris werden vermutlich in Kürze folgen, so Prof. Mrowietz. In Untersuchungen mit Daten aus Dänemark hat man bereits gezeigt, dass Passivrauchen in der Kindheit das Psoriasisrisiko erhöht.
Anspruchsvolle Patienten in der Pädiatrie
Anders als früher angenommen, manifestiert sich die Psoriasis bei Kindern nicht immer als P. guttata. Das dänische Register (DNBC) zeigte, dass über 80 % der Kinder direkt eine P. vulgaris entwickeln, als Trigger wurde in den meisten Fällen Stress identifiziert (Schule, Kita, Familie), nur bei etwa jedem Vierten waren es rezidivierende Tonsillitiden.
Adipositas für viele ein ständiger Begleiter
Komorbiditäten sind bei Kindern häufig und belasten die jungen Patienten teils schwer. In einer italienischen Studie wies fast jedes dritte Kind im Alter von drei bis zehn Jahren mit Psoriasis auch ein metabolisches Syndrom auf, viele davon bereits mit einer nachweisbaren Hypertonie, neun von zehn Kindern hatten zentrales Übergewicht.
In puncto Lebensqualität gilt es bei pädiatrischen Patienten ebenfalls, aufmerksam zu sein. Zum einen nimmt das familiäre Umfeld deutlichen Einfluss – positiv (unterstützend) wie negativ (z.B. mit Spitznamen wie „Schuppi“). Zum anderen zeigte sich in einer niederländischen Studie, dass sich die Lebensqualität der jungen Patienten erst ab einem PASI-90-Ansprechen signifikant verbessert. „Kinder haben hohe Ansprüche an die Therapie. Vielleicht sogar höhere als Erwachsene. Sie erwarten (nahezu) Erscheinungsfreiheit“, so der Kollege.
Das liegt z.T. auch am Befallsmuster, da meist gut sichtbare Areale betroffen sind, wie der behaarte Kopf, der schuppt und juckt. Zudem empfinden Kinder eine Systemtherapie oft als angenehmer als eine topische Therapie. Dabei bietet sich die komfortable Situation, dass viele Biologika bereits ab sechs Jahren zugelassen sind und auch von Kindern gut angenommen werden.
Abwärtsspirale unterbrechen, und das so früh wie möglich
Faktoren wie Unheilbarkeit der chronischen Erkrankung, Probleme mit der Symptomkontrolle oder Stigmatisierungen schaukeln sich über die Zeit so weit hoch, bis psychische Erkrankungen und Störungen auftreten. „Diese Entwicklung gilt es zu unterbrechen, zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt“, betonte Prof. Mrowietz.
Lieber keine Eigenverantwortung
Die vier Typen der Psoriasis
Wichtig für die Erfassung der Krankheitsschwere bzw. des Verlaufs sind Scores. Neben den altbekannten – PASI, BGA, PGA und NRS – stellte der Kieler Dermatologe ein neues Konzept vor, das er und seine Kollegen in Kiel entwickelt haben. ActiPso ist ein Instrument zur Erfassung von Patient-reported-Outcomes. In einer Auswertung, bei der dieser fertige Fragebogen mit 586 Patienten getestet wurde, zeigte sich, dass sich alle Krankheitsverläufe in vier Gruppen unterteilen lassen:- stabiler Typ: Die Krankheitsaktivität bleibt in der Regel über das Jahr gleich (41 %).
- instabiler Typ: Die Krankheitsaktivität wechselt im Laufe des Jahres (23 %).
- Winter-Typ: Die Krankheitsaktivität zeigt eine „Sommerdelle“ und ist in den Wintermonaten hoch (31 %).
- Sommer-Typ: Die Krankheitsaktivität ist in den Sommermonaten hoch (6 %).
Die meisten nennen Stress als Trigger für Schübe
Die genaue Betrachtung dieser Patienten förderte laut Prof. Mrowietz Weiteres zutage: In über 90 % der Fälle, in denen diese dem Schub ein auslösendes Ereignis zuordnen konnten, war dieses Stress, meist im schulischen oder beruflichen Umfeld. Ein Bias sei dabei allerdings nicht auszuschließen. Ein Drittel gab Infektionen als Trigger an, bei nur ca. 4 % wurden Medikamente als Auslöser vermutet. Diese Verteilung sollte nach Meinung des Experten definitiv im Gespräch mit den Patienten berücksichtigt werden. Derzeit laufen Studien u.a. dazu, inwieweit die verschiedenen Typen mit Therapieansprechen, Rezidiven, psychosozialen Faktoren oder genetischen Merkmalen korrelieren.Kongressbericht: 15. Dermatologie-Update-Seminar 2021