Wann ist eine künstliche Befruchtung indiziert?
In-vitro-Fertilisation (IVF) und intrazytoplasmatische Spermieninjektion sind besser als ihr Ruf: Schon der erste Transfer führt im Schnitt bei etwa 30 % der Frauen zu einer Schwangerschaft. Nach vier Embryoübertragungen sind gut 70 % schwanger. Allzu leichtfertig sollte man die Indikation trotzdem nicht stellen, betonte Professor Dr. Hermann M. Behre vom Zentrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Ein unerfüllter Kinderwunsch ist stets zuerst kausal zu behandeln. Darüber hinaus wird anhand der Kriterien der Bundesärztekammer, die eine assistierte Reproduktion rechtfertigen, deutlich, dass der Indikation eine umfangreiche Diagnostik vorausgehen sollte (s. Kasten). Dazu gibt es mittlerweile eine eigene Leitlinie, ausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (s. Link).
Indikationen für eine In-vitro-Fertilisation gemäß der Bundesärztekammer
- Z.n. Tubenamputationen
- operative nicht behebbare Tubenfaktoren
- ursächlich nicht behandelbare männliche Fertilitätsstörungen
- Endometriose
- idiopathische Infertilität
Erhöhte Komplikationsgefahr für Mutter und Kind beachten
So lag beispielsweise die Rate des ovariellen Überstimulationssyndroms Grad 3 unter 66 721 hormonellen Stimulationen bei 0,3 %. Zu chirurgischen Komplikationen, die eine operative Versorgung notwendig machten, kam es nur in 0,04 % der mehr als 64 000 registrierten Eizellentnahmen. Aber man muss die vergleichsweise hohe Anzahl an Zwillingsschwangerschaften (etwa 20 %) beachten, sagte Prof. Behre. Drillingsschwangerschaften kommen mit 0,8 % wiederum sehr selten vor. Nicht unerwähnt bleiben dürfen einige Schwangerschaftskomplikationen, die im Vergleich zur natürlichen Gestation bei der künstlich Herbeigeführten häufiger auftreten. Die Gefahr einer Frühgeburt liegt 1,7-mal höher, das Risiko eines niedrigen Geburtsgewichts von unter 2500 g 1,5-mal. Zudem geht die IVF mit einem um rund einem Drittel gestiegenen Fehlbildungsrisiko einher, v.a. für Herzfehler, muskuloskelettale sowie genitourinäre Malformationen. Entsprechend sollten die Risiken für Mutter und Kind vor jeder In-vitro-Fertilisation individuell abgewogen werden, mahnte der Referent.Quelle: 72. DGU*-Kongress – virtuell
* Deutsche Gesellschaft für Urologie