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Gesunde Ernährung Was Körner alles können

Autor: Dr. Vera Seifert

Roggenbrot erfordert als spezielles Triebmittel Sauerteig. Der macht das Brot besonders schmackhaft und gesund. Roggenbrot erfordert als spezielles Triebmittel Sauerteig. Der macht das Brot besonders schmackhaft und gesund. © Nataliia Pyzhova – stock.adobe.com
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Deutschland gilt als Brotnation schlechthin, in kaum einem anderen Land der Erde gibt es so viele Sorten dieses Nahrungsmittels. Über die Inhaltsstoffe und die Herstellungsprozesse von Mehl und Brot Bescheid zu wissen, kann da nicht schaden.

Das Brotregister des Deutschen Brotinstituts listet nicht weniger als 3.200 verschiedene Sorten des Backerzeugnisses auf. Die hiesige Brotkultur hat es sogar zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe gebracht. Ob die Mischung aus Mehl, Wasser und Hefe auch gut für unsere Gesundheit ist, hängt von einer Reihe Faktoren ab, die Nina­ Höller­ und Prof. Dr. Katharina­ Scherf­ vom Karlsruher Institut für Technologie unter die Lupe genommen haben.

Weizen hat als Brotgrundlage klar die Nase vorn, genauer gesagt der Weichweizen Triticum­ aestivum­. Das in ihm enthaltene Gluten macht den Teig dehnbar. So bleiben die Gasblasen, die durch die zugesetzte Hefe entstehen, im Brot – es bildet sich die charakteristische lockere Brotkrume. Auch Roggen wird häufig verwendet. Weil dem Roggenmehl aber das Gluten fehlt, muss als Triebmittel Sauerteig zugesetzt werden.

Mit etwa 70 % bilden Kohlenhydrate den Hauptbestandteil eines Getreidekorns. Davon wiederum entfallen 60–70 % auf Stärke. Sie kann vom Körper aufgenommen und verdaut werden und stellt die wesentliche Energiequelle von Brot dar. Unverdauliche Kohlenhydrate wie Zellulose, Pektine oder der Zellwandbestandteil Lignin erhöhen Stuhlgewicht und -volumen. Sie sorgen für eine schnellere Darmpassage, was vermutlich das Risiko für Darmkrebs und andere Darm­erkrankungen senkt. Während Vollkornmehle, bei deren Produktion der komplette Same vermahlen wird, einen hohen Ballaststoffanteil von ca. 12 % haben, liegt dieser bei Weißmehl wegen des Ausmahlungsgrads von weniger als 66 % lediglich bei knapp 3 %.

Weizenbrot ist Lieferant fehlender Aminosäuren

Als Proteinlieferant ist Weizenmehl nur bedingt geeignet, erläutern die beiden Autoren. Im Vergleich zu ­tierischen oder anderen pflanzlichen Eiweißen aus Soja, Erbse oder Lupine hat Weizenprotein einen geringeren Nährwert. Die Körner bestehen nur zu 8–13 % aus Protein, hauptsächlich enthalten im Gluten. Kombiniert mit anderen Quellen kann Weizen einzelne Aminosäuren allerdings gut ergänzen.

Lipide machen 1,5–5 % eines Weizensamens aus. Die Fette befinden sich in erster Linie im Keimling, der beim Weißmehl mit seinem niedrigen Ausmahlungsgrad komplett aussortiert wird. Nebenbestandteile der Getreidelipide sind u.a. die fettlöslichen Vitamine A, D, E, K sowie Carotinoide. Getreide ist reich an den B-Vitaminen Thiamin (B1), Riboflavin (B2), Niacin (B3), Pantothensäure (B5) und Pyridoxin­ (B6). 

An Mineralstoffen findet man vor allem Phosphor, Kalium, Schwefel und Magnesium. Eigentlich erwartet man vom Brot mit seinem hohen Kalium- bei gleichzeitig niedrigem Natriumgehalt eine Blutdrucksenkung. Ein solcher Effekt wird aber oft durch den Zusatz von Kochsalz zunichtegemacht.

Weizen enthält zudem Spurenelemente wie Eisen, Zink, Kupfer und Selen. Sie sitzen vor allem in den äußeren Kornschichten, die bei der Herstellung von Weißmehl größtenteils verloren gehen. Weitere Inhaltsstoffe sind Phenole, die zwar keinerlei Nährwert besitzen, aber antioxidativ und entzündungshemmend wirken.

Industriell gefertigten Backwaren werden Stoffe zugesetzt, die Schwankungen in der Rohstoffqualität ausgleichen sollen. Dazu zählen Ascorbinsäure, eine Reihe von Enzymen und Emulgatoren, Glukosesirup und Sojaprodukte. Abgepacktes, geschnittenes Brot darf der Hersteller mit Konservierungsstoffen haltbar machen. Einen Einfluss auf den Nährstoffgehalt hat zum einen der Ausmahlungsgrad, definiert als prozentualer Anteil von Mehl aus einer bekannten Menge Körner. Je niedriger dieser Wert liegt, desto geringer ist der Nährstoffgehalt. Zum anderen gehen beim Backen Vitamine wie Pyridoxin, Thiamin und Vitamin E zum Teil verloren. Ribo­flavin hingegen ist auch in der zugesetzten Hefe vorhanden, weshalb sein Gehalt im fertigen Brot höher liegt als im Rohgetreide. 

Spezialmehl und besondere Zutaten als Brotbooster

Beim Lagern verliert Brot schnell an Geschmack und Qualität. Die verkleisterte Stärke geht unter Wasseraustritt in einen kristallinen Zustand über, was ihre Verdaulichkeit und damit den Nährwert negativ beeinflusst. Durch Tiefkühlen lässt sich das zwar verhindern. Allerdings muss aufgetautes Brot zügig verzehrt werden, weil es noch schneller altbacken wird als frisches.

Der Nährwert eines Brotes lässt sich durch Zutaten wie Ölsaaten und Nüsse, Rosinen, Gewürze oder Zwiebeln erhöhen. Auch spezielle Erzeugnisse wie das sogenannte Steinmetzmehl, bei dessen Herstellung die äußeren Kornbestandteile im nassen Zustand entfernt werden, können die Qualität des fertigen Produktes verbessern.

Quelle: Scherf K et al. Ernährungs Umschau 2023; 70: M744-M754; DOI: 10.4455/eu.2023.024