Krebstherapie Noch in den Kinderschuhen
In der Präzisionsonkologie testet man bereits routinemäßig auf spezifische Alterationen, aber für die Strahlentherapie mangelt es bisher an Prädiktoren. Dr. David Molnar, Klinikum Chemnitz, gestand ein: „Momentan müssen wir sagen, dass es keine eindeutigen Biomarker gibt, die beantworten können, ob Bestrahlung ja oder nein.“ Trotz der relativ dünnen Datenlage lieferte der Pathologe einige Beispiele.
Als besonders sensitiv gelten beispielsweise die seltenen adenoid-zystischen Karzinome, die vor allem in den Speicheldrüsen, aber auch in Lunge, Haut oder Mamma auftreten können. „Alleine schon die morphologische Diagnose ist der Biomarker selbst“, spitzte der Experte zu. Man kenne auch die Treiberalteration, es sei aber überflüssig, diese zusätzlich nachzuweisen.
Plattenepithelkarzinome des Oropharynx sind bekanntermaßen oft p16-positiv, ein Surrogatmarker für eine HPV-getriebene Karzinogenese. In infizierten Zellen verzögere sich die M2/G-Phase des Zellzyklus, während der sie am sensitivsten auf eine Radiotherapie reagieren, so der Referent.
Andererseits weisen p16-negative Malignome, die schlechter ansprechen, meist auch eine p53-Mutation auf. Daten deuten darauf hin, dass die besondere Strahlensensitivität HPV-assoziierter Karzinome nur so lange bestehen bleibt, wie diese ihr wildtypisches p53 bewahren. Unabhängig davon korreliert bei Larynx- und Hypopharynxkarzinomen auch eine EGFR-Überexpression mit relativer Insensitivität gegenüber Bestrahlungen.
Radiosensitivität und Immunmodulation
Proliferiert Tumorgewebe stärker, scheint es besser auf eine Radiatio anzusprechen. Eine Studie belegt etwa, dass SCLC-Patient:innen mit einem Ki67-Index > 80 % höhere Chancen auf eine CR haben. Luminale Mammakarzinome reagieren ebenfalls besser auf eine adjuvante RT, sofern dieser Marker hoch ist.
Zuletzt bestehen synergistische Effekte zwischen Radio- und Immuntherapie. So findet sich nach einer Bestrahlung mehr PD-L1 in der Tumormikroumgebung. „Die Anti-PD-(L1-)Therapie kann das Immunmilieu des Tumors dermaßen verändern, dass es ihn für die Strahlentherapie sensibilisiert“, ergänzte Dr. Molnar.
Als Zukunft sieht er bei Kopf-Hals-Tumoren, dass Patholog:innen vor Therapiebeginn HPV- und p53-Mutationsstatus bestimmen, eventuell zusätzlich Veränderungen in EGFR und PI3K. Daran orientiere sich dann die Modalität und Intensität der Behandlung. „Im Rezidivfall lohnt es sich auf jeden Fall, den Tumor erneut zu untersuchen, um eventuell neu aufgetretene molekulare Alterationen zu erkennen“, schloss der Kollege.
Quelle:
Molnar D. 30. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Vortrag „Molekulare Marker und Genomic für mögliche personalisierte Strahlentherapie“