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Hypo- und Hypernatriämien Wasser und Salz, Niere erhalt’s

Autor: Dr. Vera Seifert

Rezeptoren in den Nieren bestimmen, wieviel Natrium ausgeschieden wird. Rezeptoren in den Nieren bestimmen, wieviel Natrium ausgeschieden wird. © magicmine/gettyimages
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Natrium ist das entscheidende Elektrolyt, wenn es um die Verteilung von Wasser und Salzen im Körper geht. Sowohl eine Hypo- als auch eine Hypernatriämie kann schwere neurologische Symptome hervorrufen und bis zum Hirnödem führen. Eine Dysbalance sollte also schnell ­behoben werden.

Zu einer Hyponatriämie mit einem Wert unter 135 mmol/l kommt es, wenn sich im Extrazellulärraum und damit vor allem im Blut zu viel Wasser in Relation zur Natriummenge befindet. In der Klinik ist dieser Zustand ein großes Problem und mit bis zu 30 % die häufigste Elektrolytstörung, schreibt Prof. Ralph Kettritz von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin.

So gut wie immer steckt eine Störung des Wasserhaushalts dahinter. Zunächst gilt es bei der Diagnostik zu klären, wie der Volumenstatus des Patienten aussieht, also ob es sich um eine Hypo-, eine Hyper- oder eine Euvolämie handelt. Dazu bestimmt man die Plasma-Osmolarität, die im Normalfall bei 290 mosmol/l liegt. Sie misst die Anzahl gelöster Teilchen pro Liter Wasser.

In den meisten Fällen liegt eine hypotone Hyponatriämie mit einer Osmolarität < 280 mosm/l vor. Betroffen sind beispielsweise Patienten mit Herzinsuffizienz, Leberzirrhose oder nephrotischem Syndrom, die Ödeme oder einen Aszites entwickeln. Dadurch nimmt das Blut­volumen ab und es wird ADH ausgeschüttet. Die Folge: Die Nieren halten Wasser zurück und das Volumen steigt wieder.

Bei chronischer Hyponatriämie den Spiegel langsam anpassen

Ist die Osmolarität normal, liegt also eine Euvolämie vor, muss man an das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion denken. Als Auslöser kommen Übelkeit, Schmerz, Malig­nome, Pneumonie und verschiedene Medikamente (z.B. Neuroleptika) infrage. Es kann auch sein, dass z.B. eine Hyperglyk­ämie den Osmolaritätsabfall verhindert. Ein Volumenmangel mit Hyponatriämie entsteht u.a. durch Er­brechen, Diarrhö, Antibiotikatherapie oder renalen Tubulopathien.

Die Symptome der Hyponaträmie sind breit gefächert und reichen von Schwäche und Gangstörungen über Kopfschmerzen und Gedächtnisstörungen bis zu Desorientiertheit und zerebralen Krampfanfällen. Die Therapie besteht zunächst darin, die Ursache (Herzinsuffizienz, Schmerzen, Medikamente etc.) zu beheben. Ob man darüber hinaus das Serum-Natrium anheben sollte, hängt von der Symptomatik ab. Moderate oder schwere Symptome sprechen für ein Hirnödem, das bei tentorieller Hirn­einklemmung tödlich enden kann. In diesem Fall gilt es, das Plasma-Natrium um 3–5 mmol/l anzuheben, um den Wassereinstrom in die Zellen zu stoppen. Verwendet werden hyperosmolare NaCl-Boli (z.B. 150 ml 3%ige Kochsalzlösung i.v. über 20 Minuten).

Vorsicht ist bei chronischer Hyponatriämie geboten, weil dann die Hirnzellen bereits ihre Osmolarität gesenkt haben. Ein schneller Anstieg des Plasma-Natriums würde einen neuen osmotischen Gradienten schaffen. Auf jeden Fall sollte der Natriumspiegel regelmäßig, z.B. alle vier Stunden, kontrolliert werden, um Überkorrekturen zu vermeiden. Ist man dennoch übers Ziel hinausgeschossen, hilft 5%ige Glukoselösung und ADH (z.B. 2 µg Desmopressin i.v.). Eine Hypernatriämie (Natrium im Serum > 145 mmol/l) kommt durch eine verminderte Wasserzufuhr (z.B. bei gestörtem Durstempfinden) oder exzessive Verluste (z.B. durch Schweiß bei Ausdauersport oder Diarrhö) zustande. Eine seltenere Ursache ist die Zufuhr gro­ßer Salzmengen, beispielsweise beim Trinken von Meerwasser. Die Niere versucht den Wassermangel zu kompensieren, indem sie die Urinmenge reduziert und den Harn auf über 600 mosmol/l konzentriert. Bei niedriger Urin-Osmolarität (< 300 mosmol/l) sollte man an einen Diabetes insipidus denken. Zu einer osmotischen Diurese kann es bei Hyperglykämie (Osmolarität:  400–600 mosmol/l) kommen.

Diabetes insipidus inzwischen einfacher zu diagnostizieren

Die Diagnostik eines Diabetes insipidus hat sich inzwischen vereinfacht. Aufwendige Tests mit Wasserrestriktion und ADH-Exposition sind nicht mehr nötig. Um zwischen zentralem und nephrogenem Diabetes insipidus unterscheiden zu können, bestimmt man heute das Copeptin, einen ADH-Vorläufer. Werte > 21,4 pmol/l finden sich bei der nephrogenen Form.
Auch für die Hypernatriämie gilt: Zuerst die Ursache beseitigen, z.B. einen Diabetes insipidus behandeln oder eine Elektrolytstörung beheben, die eine Urinkonzentrierung verhindert. Gleichzeitig muss man das Wasserdefizit ausgleichen, durch Trinken oder Infusionen. Bei Euvol­ämie sind elektrolytfreie Lösungen (z.B. 5 % Glukose), bei Hypovol­ämie hypotone salzhaltige Lösungen zu bevorzugen. Liegt eine Hypervolämie vor, helfen Diuretika zusätzlich zu Infusionen mit 5 % Glukose.

Es gibt Hinweise darauf, dass ein zu schnelles Absenken des Serum­natriumspiegels Hirnödeme fördern könnte. Aus einer Studie abgeleitet wird eine Reduktion um maximal 8–10 mmol/l über einen Zeitraum von 24 Stunden empfohlen. Dafür sei die Datenlage allerdings schwach, schreibt Prof. Kettritz.

Quelle: Kettritz R. Dtsch Med Wochenschr 2024 149: 86-92