Hyponatriämie: Sportler schaden sich mit übertriebener Flüssigkeitszufuhr
Richtiges Trinken will gelernt sein. Aber selbst von Marathonläufern sollte man in dieser Hinsicht nicht zu viel erwarten. Das stellten vor 14 Jahren Wissenschaftler fest, die Teilnehmer des Boston-Marathons unter die Lupe nahmen. 13 % der Sportler hatten im Ziel eine Hyponatriämie, drei Teilnehmer erreichten dabei sogar den kritischen Bereich unterhalb von 120 mmol/l.
Andere Läufer wogen beim Zieleinlauf mehr als vor dem Start, weil sie mit dem Schwitzen nicht hinterherkamen. „Prinzipiell sollten sich Sportler an ihrem Durstgefühl orientieren, um sowohl eine Dehydratation als auch das Risiko einer Hyponatriämie aufgrund zu hoher Flüssigkeitszufuhr unter Belastung zu vermeiden“, schreiben Dr. Stephanie Mosler von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd und ihre Kollegen.
Das optimale Sportgetränk
Das umgekehrte Problem: Wasserrestriktion als Taktik
Wird die verlorene Flüssigkeit nicht in ausreichendem Maß ersetzt, könne das gravierende Folgen für den Organismus haben. Ab einem Verlust von 2–4 % des Körpergewichts sind beispielsweise durch Krämpfe Einschränkungen in der Kraft- und Ausdauerleistung zu erwarten. Eine noch stärkere Dehydratation geht oft mit einem Absinken der Gehirndurchblutung einher, was letztlich in Hitzekrämpfen, -erschöpfung, - kollaps oder Hitzschlag enden kann. Trotzdem gibt es Sportler, die vor Wettkämpfen durch Wasserrestriktion, Abführmittel und Saunagänge Flüssigkeit „abkochen“, wie sie es nennen, um beispielsweise im Ringen und Bodybuilding eine niedrigere Gewichtsklasse zu erreichen. Das habe auch schon zu Todesfällen durch Hitzschlag im Hochleistungssport geführt, warnen die Autoren. Gerade die Freizeitsportler unter den Ausdauerathleten neigen eher zum Gegenteil. Getreu dem Motto „Trinken, bevor der Durst kommt“ kippen sie gern mehr Flüssigkeit in sich hinein, als sie über Schweiß und Urin ausscheiden können. Dabei kommt der Mensch bei Ausdauerleistungen bis zu einer Stunde eigentlich ganz gut ohne Flüssigkeitszufuhr über die Runden. Die Folgen der Hyponatriämie, die mit dem Wasserüberschuss oft einhergeht, reichen von Übelkeit und Erbrechen über Bewusstseinsstörungen und Muskelkrämpfe bis zu Lungen- und Hirnödem.Vor und nach der Aktivität das Gewicht bestimmen
Eine Orientierung am eigenen Durstgefühl könne angesichts der inter- wie auch intraindividuell stark variierenden Schweißraten helfen, solche fatalen Fehler zu vermeiden, heißt es. Wem das zu ungenau ist, dem raten die Wissenschaftler, vor und nach dem Sport sein Gewicht zu bestimmen. Die Differenz des Körpergewichts entspreche in etwa der Wassermenge, die über den Schweiß verloren gegangen ist. Idealerweise wird während der Anstrengung maximal 80 % der ermittelten Literzahl zugeführt. Um eine übermäßige Wasserzufuhr vor dem Sport zu vermeiden, bietet sich als Richtschnur die Menge von 5–10 Millilitern pro Kilogramm Körpergewicht an. Mit dieser Trinkmenge, aufgenommen in zwei bis vier Stunden, wird der Wettkampf am besten gelingen. Es versteht sich fast von selbst, dass anschließend der Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt wieder voll ausgeglichen werden sollte. Vor allem dann, wenn schon bald die nächste sportliche Herausforderung ansteht.Quelle: Mosler S et al. Ernaehrungs Umschau 2019; 66: 52-59