Wasserschlucktest: Dysphagie bei wiederholten Pneumonien ausschließen
Hinter rezidivierenden Pneumonien bei älteren Patienten kann auch eine Schluckstörung stecken. Einen typischen Fall stellen Dr. Michael Mohr und Kollegen von der Universitätsmedizin Mainz vor.
Ein 90-Jähriger kommt mit einer ambulant erworbenen Pneumonie in die Notaufnahme. Bis vor Kurzem ging es ihm gut und er war in der Lage, sich zu Hause um sich selbst und seine demenzkranke Frau zu kümmern. Nach der Klinikaufnahme verschlechtert sich sein Zustand rasch mit wechselnder Vigilanz und deliranten Zügen. Eine Stabilisierung gelingt erst mit einer eskalierten Antibiotikatherapie. Als es dem Mann wieder gut geht, ergibt die standardisierte klinische Schluckuntersuchung ein wiederholtes Aufstoßen. Es stellt sich heraus, dass der alte Herr schon seit etwa einem halben Jahr Schluckbeschwerden hat.
Bei der nachfolgenden fiberendoskopischen Diagnostik kann er Breikost und Flüssigkeit zunächst unauffällig schlucken. Doch nach wenigen Sekunden kommt es zur Regurgitation von Nahrungsmittelresten vor dem oberen Ösophagussphinkter mit Penetration der Plica interarytenoidea. Die verspätete Regurgitation ist typisch für ein Zenker-Divertikel, mittels Ösophaguspassage mit Breischluck wird es gesichert. Nach einer endoskopischen Myotomie, der Therapie der Wahl im höheren Alter, können die Ärzte ihren Patienten in gutem Allgemeinzustand wieder nach Hause entlassen.
Das Zenker-Divertikel ist eine Schleimhautausstülpung an der dorsalen Wand des Hypopharynx ohne Muskelanteile – also eigentlich ein Pseudodivertikel. Es erkranken vorwiegend Männer im Alter zwischen 70 und 90 Jahren, erläutern Dr. Mohr und Kollegen.
Patienten bemerken oft nur ein Globusgefühl
Das wichtigste Symptom ist die Dysphagie. Außerdem kann es zur Regurgitation unverdauter Nahrungsbestandteile, häufigem Husten, Foetor ex ore, Malnutrition und Dysphonie kommen. Die Patienten bemerken oft nur ein Globusgefühl. Die gefährlichste Folge des Zenker-Divertikels ist die rezidivierende Pneumonie.
Zur ersten Einschätzung von Dysphagie und Aspirationsrisiko eignet sich z.B. der Wasserschlucktest nach Daniels. Nach dem Schlucken von Wasser (2 x 5 ml, 2 x 10 ml, 2 x 20 ml) erfolgt jeweils eine Stimmprobe.
Kriterien des Wassertests
- Dysphonie
- Dysarthrie
- abnormer Würgereflex
- abnormer, willentlicher Husten
- postdeglutitiver Husten
- postdeglutitive Stimmklangveränderung
Quelle: Mohr M et al. Internist 2020; 4: 411-415; DOI: 10.1007/s00108-020-00771-7