Colitis und Crohn Welche Phytotherapeutika sich bewährt haben

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Bei Weihrauchpräparaten ist die Datenlage derzeit nicht eindeutig. Bei Weihrauchpräparaten ist die Datenlage derzeit nicht eindeutig. © hjschneider – stock.adobe.com

Mehr als die Hälfte der Patienten mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung wenden Komplementär­medizin an. Und besonders oft werden Phyto­therapeutika eingesetzt. Allerdings sind nicht alle Optionen wirksam. Deshalb­ ist hausärztlicher Rat gefragt.

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) werden Flohsamenschalen als einzige Phytotherapie in diesem Bereich von der Krankenkasse erstattet. Sie können bis zum 40-Fachen ihres Gewichts an Flüssigkeit binden und die Peristaltik im entzündeten Darm regulieren. Die Stuhlfrequenz wird verringert, was die Konsistenz der Fäzes verbessert und den oft quälenden imperativen Stuhldrang reduziert. Es muss also nicht mehr immer eine Toilette in der Nähe sein. Zur Colitis ulcerosa (CU) sprechen die Autoren der aktuellen Leitlinie eine Kann-Empfehlung aus. Die Schalen sollten mit wenig Flüssigkeit oder eingerührt in Müsli bzw. Joghurt aufgenommen werden. Die empfohlene Tagesdosis liegt bei 1–2 EL, was 2,5–10 g entspricht, erklärt Prof. Dr. Roman Huber vom Zentrum für Naturheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg. Aufgrund der Wirkung als Quellstoff ist der Effekt weitgehend unabhängig von der Ursache der Diarrhö. Zudem entsteht beim bakteriellen Abbau der Schalen das entzündungshemmende Butyrat.

Curcumin wirkt stark antiinflammatorisch

Eine weitere pflanzliche Option ist Curcumin, ein Inhaltsstoff der Gewürzpflanze Curcuma longa. Er wirkt in vitro stark antiinflammatorisch und förderte in einer kleineren Studie den Remissionserhalt bei der CU. Deshalb besteht auch eine Kann-Indikation, die tägliche Dosis liegt bei 2 g. Das Präparat ist nur als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Ausschlaggebend für die Wirkung ist wahrscheinlich der lokale und weniger der systemische Effekt. Curcumin moduliert eventuell auch das intestinale Mikrobiom. Deshalb sollte es bei dieser Indikation in Reinform ohne resorptionsverbessernde Zusätze wie Piperin und Mizellen eingenommen werden.

Schleimstoffe und Phosphatidylcholin schützen die intestinalen Epithelzellen. In vier kleineren Studien schnitt das als Nahrungsergänzungsmittel erhältliche Phosphatidyl­cholin (3,2 g/d) bei aktiver Colitis besser ab als Placebo. Aber eine Phase-3-Studie wurde wegen mangelnder Wirksamkeit abgebrochen. Die klinische Erfahrung spricht nach Einschätzung von Prof. Huber jedoch für einen positiven Effekt. Pflanzenschleime kommen z.B. in Ringelblumenblüten vor und haften besonders gut an der Mukosa. Einläufe mit Tee aus Ringelblumenblüten, Süßholzwurzel und Blutwurz haben sich bei Proktitis ulcerosa bewährt.

Traditionell bei CU genutzt wird die Kombination von Kaffeekohle, Myrrhe und Kamille. Sie wirkt entzündungshemmend und stabilisiert die mukosale Barrierefunktion. Aufgrund einer Vergleichsstudie mit Mesalazin spricht die aktuelle Leitlinie eine Kann-Empfehlung für die Rezidivprophylaxe aus.

In der ayurvedischen Medizin wird die Heilpflanze Kalmegh (Andrographis paniculata) bei entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. In einer placebokontrollierten Studie fand sich in einer Dosis von 1,8 g ein Ansprechen bei aktiver Colitis. Aufgrund des nur moderaten Effekts kann Kalmegh bei einem schweren Verlauf Immunsuppressiva und Bio­logika nicht ersetzen.

Für M. Crohn finden sich in den Leitlinien keine Empfehlungen zur Phytotherapie, so Dr. Huber. Noch unklar ist die Datenlage zu Wermut (Artemisia absinthium) und Weihrauch (Boswellia serrata). Eine placebokontrollierte Studie zu Wermut ermittelte eine ausgeprägte Wirksamkeit, die sich aber in der klinischen Erfahrung nicht bestätigte. Weihrauch zeigte in vitro anti­inflammatorische Effekte, aber keinen Effekt in der Rezidivprophylaxe bei Crohn-Schüben. Patienten berichten von positiven Erfahrungen. Diese Diskrepanz lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass nur wenige der angebotenen Weihrauchpräparate einen hohen Gehalt an Boswelliasäuren aufweisen, die für die antiinflammatorische Wirkung ausschlaggebend sind.

Auch Cannabis erfreut sich einer gewissen Beliebtheit unter CED-Patienten. Es wird zur Linderung der Symptome konsumiert oder einfach zur Entspannung. Cannabidiol (CBD), der nicht-psychotrope Bestandteil, kann die verstärkte Aktivierung der Lymphozyten hemmen. Bei M. Crohn zeigte ein Präparat mit CBD und psychotropem Tetrahydrocannabinol (THC) keine relevante Reduktion des Symptom-Scores im Vergleich zu Placebo.

In seinem Fazit betont Prof. Huber, dass die Phytotherapie besonders bei leichteren Formen der Colitis ulcerosa von Bedeutung ist. Die Präparate sind sehr gut verträglich und lassen sich meist ohne Probleme mit Immunsuppressiva kombinieren. Eine Integration der Phytotherapie in das Behandlungskonzept kann das Vertrauen in die Selbstwirksamkeit des Patienten steigern und die Adhärenz fördern. Das ist wichtig für eine gelungene Arzt-Patienten-Beziehung und kann wahrscheinlich auch den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen.

Quelle: Huber R. Zeitschrift für Phytotherapie 2023; 44: 155-157; DOI: 10.1055/a-2131-2427