Trigger Wenn der Diabetes nicht ins Raster passt
Typ-1- und Typ-2-Diabetes sind die häufigsten Ursachen für Hyperglykämie. „Eine Hyperglykämie kann jedoch auch bei verschiedenen anderen Hormonstörungen auftreten“, so der Endokrinologe und Diabetologe Professor Dr. Stephan Petersenn von der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg und Pressesprecher der DGE, „etwa wenn der Körper unphysiologisch hohe Konzentrationen von Adrenalin, Cortisol, Glukagon oder Wachstumshormon ausschüttet“. Die Zuckerkrankheit ist dann Folge anderer Hormonimbalanzen. „Sie bedarf deshalb auch einer ganz anderen Therapie“, sagt Prof. Petersenn. „Diese Krankheiten sind jedoch selten, sodass sie leider zunächst oft übersehen werden.“
Bei erhöhtem Blutzucker auf weitere Symptome achten
Umso wichtiger sei es, bei erhöhtem Blutzuckerspiegel auf weitere Symptome zu achten und gegebenenfalls eine zusätzliche Diagnostik einzuleiten. Sind etwa noch Kopfschmerzen, Herzrasen und Schweißausbrüche, meist verbunden mit Bluthochdruck, vorhanden, könnten sie ein Hinweis auf Tumoren des Nebennierenmarks (Phäochromozytom) sein.
Zeigen sich neben dem Diabetes mellitus noch Bluthochdruck, passen Ringe und Schuhe plötzlich nicht mehr, bilden sich Zahnlücken und treten Gelenk- und Knochenschmerzen auf, liegt möglicherweise ein Überschuss des Wachstumshormons vor. Die sogenannte Akromegalie hat ihre Ursache in einem hormonproduzierenden Tumor der Hirnanhangsdrüse. Sie entwickelt sich oft schleichend im Erwachsenenalter und kann im späteren Verlauf tödliche Komplikationen entwickeln.
Auch zu viel Cortisol, gleich, ob durch eine Therapie mit Cortison-Präparaten oder durch eine gesteigerte Cortisol-Ausschüttung bei verschiedenen Tumoren, führt zu einer Hyperglykämie. Sie ist dann begleitet von einer Adipositas des Rumpfes, Muskel- und Knochenschwund sowie Bluthochdruck.
Die Zuckerstoffwechselstörung bei der Wurzel packen
„Erkrankungen des Hormonsystems sind zwar seltene Ursachen einer Hyperglykämie – aufgrund ihrer Schwere sollte bei der Abklärung eines Diabetes mellitus aber auch an sie gedacht werden“, so Prof. Petersenn. Das helfe, diese Erkrankung bereits früher zu diagnostizieren und auch die begleitende Zuckerstoffwechselstörung an ihrer Wurzel zu packen.
Wann sollten Behandelnde besonders aufmerksam werden und an sekundäre Formen denken? „Wenn Patienten vielleicht eine untypisch schwere Ausprägung des Diabetes mellitus haben, sehr schwer einzustellen sind mit Antidiabetika, vielleicht mehrere Substanzen brauchen, sich Beschwerden in einer ungewöhnlichen Kombination entwickeln“, so Prof. Petersenn und sprach sich dafür aus, die Symptome dieser selteneren Erkrankungen in der Ärzteschaft bekannter zu machen.
„Diabetes mellitus oder Hyperglykämie ist eben ein Symptom und die Ursache hierfür muss abgeklärt werden. Lange nicht alle Menschen mit Diabetes mellitus passen in das Steckbriefraster Typ-1- oder Typ-2-Diabetes“, fasst es Professor Dr. Baptist Gallwitz, Pressesprecher der DDG und Stellvertretender Direktor des Department Innere Medizin am Universitätsklinikum Tübingen, zusammen.