Chronische Meningitis Wenn die Inflammation nicht weichen will
Zu den möglichen Symptomen einer chronischen Meningitis gehören Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Persönlichkeitsveränderungen und Fieber. Auch Hirnnerven-Dysfunktionen wie Hörverlust oder Doppelbilder können auf eine chronische Meningitis hinweisen. Weitere potenzielle Krankheitszeichen sind Hydrocephalus und erhöhter Hirndruck, Krampfanfälle, schlaganfallähnliche Episoden sowie kranielle Neuropathien oder Radikulopathien. Nackensteifigkeit tritt im Gegensatz zur akuten Meningitis selten auf.
Kognitive Veränderungen betreffen etwa 40 % der Patienten und sind manchmal das einzige Krankheitszeichen, warnte Dr. Allen Aksamit von der Mayo Clinic in Rochester. Bei Patienten mit einer schnell fortschreitenden Demenz müsse daher die chronische Meningitis als Differenzialdiagnose bedacht werden. Ein stetig zunehmender Kopfschmerz, vor allem in Verbindung mit mentalen Veränderungen, solle immer Anlass zu einer raschen Lumbalpunktion geben, mahnte der Kollege.
Aussaat von Tumorzellen in die Meningen?
Das Ursachenspektrum ist bei der chronischen Meningitis breit (s. Kasten). In puncto Infektionen sollte man beachten, dass je nach geographischer Region unterschiedliche Keime vorherrschen. In den USA z.B. sind Kryptokokken derzeit die am häufigsten zu findenden Erreger, wenn es bei Menschen mit eingeschränkter Immunfunktion und HIV/AIDS zu einer chronischen Hirnhautentzündung kommt.
Mögliche Auslöser einer chronischen Meningitis
- bakteriell: Mycobacterium tuberculosis, Listeria monocytogenes, Borrelia burgdorferi, Treponema pallidum, Tropheryma whipplei, Leptospiren, Brucellen, Nokardien, Pseudomonaden
- viral: HIV, Enterovirus (chronisch)
- durch Pilze: Cryptococcus neoformans/C. gattii, Histoplasma capsulatum, Blastomyces dermatitidis, Coccidioides immitis, Sporothrix schenckii, Aspergillus, Candida sp.
- parasitär: Taenia solium (razemöse Form), Angiostrongylus cantonensis, Toxoplasma gondii
- Parameningeale infektiöse Ursachen: chronischer Epiduralabszess, chronische Osteomyelitis des Schädels oder der Wirbel
- neoplastisch: meningeale Karzinomatose/Lymphomatose/Gliomatose, leukämische Infiltration, andere primäre ZNS-Tumoren (z.B. Ependymom, Germinom)
- chemisch: Kraniopharyngeom, Dermoid- oder Epidermoidzyste
- autoimmun: Granulomatose mit Polyangiitis (früher M. Wegener), rheumatoide Arthritis, Sjögren-Syndrom, Morbus Still, Primäre ZNS-Angiitis, IgG4-Krankheit, idiopathische hypertrophe Pachymeningitis, Neurosarkoidose, neurologischer M. Behçet, Vogt–Koyanagi–Harada-Krankheit
- Kulturen auf Bakterien, Mykobakterien und Pilze (bis zu dreimal bei schwierig zu kultivierenden Erregern)
- serologische Tests auf Syphilis und Pilzinfektionen
- Test auf Kryptokokken-Antigen
- Zytologie
- Messung von Protein- und Glukosekonzentrationen
Bei erfolgloser Spurensuche an Tuberkulose denken
Lässt sich trotz aller Bemühungen kein Auslöser festmachen, versucht man typischerweise eine Therapie mit Antituberkulotika, Antimykotika oder Glukokortikoiden. Dabei sollte die Prävalenz der Tuberkulose in der Region beim Abschätzen der Erfolgswahrscheinlichkeit berücksichtigt werden. In einer US-amerikanischen Untersuchung wurde Ende der 1980er Jahre auf diese Weise letztendlich bei 40 % von über 80 Fällen ohne bekannte Ursache eine tuberkulöse Meningitis identifiziert. Eine generelle Aussage zur Prognose lässt sich wegen der großen Vielfalt der möglichen Ursachen nicht machen. Es steht zu hoffen, dass Fortschritte in der Diagnostik, zum Beispiel bei der Entwicklung von Antikörpernachweisen für Autoimmunerkrankungen oder beim Next Generation Sequencing, die Rate an eindeutigen Diagnosen erhöhen und damit eine gezielte Therapie erlauben werden.Quelle: Aksamit AJ. N Engl J Med 2021; 385: 930-935; DOI: 10.1056/NEJMra2032996