Nageldystrophien Wenn die Platte in die Brüche geht
Längsfissuren bei gespaltenen Nägeln gehen durch die gesamte Dicke der Nagelplatte – im Gegensatz zu einer Onychorrhexis mit brüchiger Nagelplatte. Nichtsdestotrotz können gespaltene und brüchige Nägel zusammen auftreten, schreiben Kollegen von den Brugmann and Queen Fabiola Children Universitätskliniken der freien Universität Brüssel.
Man unterscheidet, ob nur der distale Bereich betroffen ist, die Fissur von der proximalen Nagelfalz ausgeht oder der gesamten Nagel der Länge nach gespalten ist. Als Ursachen für die Split Nails kommen mechanische Verletzungen (Unfall, Nageloperationen, Onychotillomanie) oder eine Schädigung der Nagelmatrix in Betracht.
Die Matrix beeinträchtigen beispielsweise entzündliche Erkrankungen, aber auch subunguale mukoide Dorsalzysten oder ein Melanom. Lässt sich die Diagnose nicht anhand der Anamnese und des klinischen Bildes stellen, sollte daher unbedingt biopsiert werden.
Funktionelle Einschränkung als Grund für den Arztbesuch
Um eine Übersicht über die klinischen und histologischen Charakteristika zu geben, haben die Wissenschaftler retrospektiv 56 Fälle ihrer Klinik ausgewertet. 34 von ihnen waren Frauen, das mediane Alter lag bei 44 Jahren, allerdings waren unter den Patienten auch zehn Kinder. Jeder Zweite aus der Kohorte war aufgrund der funktionellen Einschränkungen zum Dermatologen gegangen und jeder Dritte, weil man den Nagel als kosmetisch störend empfand. In vielen Fällen beschränkte sich die Nageldystrophie auf einen Finger (oft den Daumen). Risse an mehreren Nägeln oder an den Zehennägeln waren insgesamt seltener.
Bis die Patienten ihre finale Diagnose erhalten hatten, dauerte es im Median mehr als fünf Jahre. Nur bei neun Patienten stand die Diagnose im ersten Jahr. Die Überkategorien lauteten in Reihenfolge der Häufigkeit:
- Tumor
- entzündliche Erkrankung: Lichen planus, Lichen striatus, M. Darier
- Traumata: bei jedem Zweiten iatrogen, z.B. durch OP (Vernarbung von Matrixteilen) und bei einem Drittel durch Onychotillomanie (meist am linken Daumen)
- kongenitale Erkrankung (z.B. kongenitale Nagelduplikation)
- systemische Erkrankung (Lupus, Sarkoidose)
Ein Großteil der Tumoren war gutartig, darunter fanden sich z.B. Dorsalzysten, Onychopapillome oder intra-unguale Fibrokeratome. Doch bei immerhin sechs Patienten stellten die Ärzte u.a. wegen der charakteristischen Melanonychie die Diagnose malignes Melanom (eines davon in situ) und zwei Patienten litten an M. Bowen. Eine Nagelpsoriasis fand sich erstaunlicherweise trotz des entzündlichen Charakters nicht unter den Auslösern.
Viele Patienten profitierten von einer histologischen Untersuchung. In zwei Dritteln der Fälle wurde die klinische Diagnose zwar nur gesichert, aber immerhin bei jedem Vierten lieferte das Resultat der Pathologen eine neue Diagnose.
Hinsichtlich der Prävalenz gibt es verschiedene Erklärungen. Dass häufiger Frauen betroffen schienen, ließe sich damit begründen, dass sie sich eher Gedanken um das Aussehen ihrer Nägel machen und daher zum Arzt gehen, gaben die Autoren zu bedenken.
Daumennägel sind am häufigsten betroffen
Dass bei den meisten die Fingernägel, insb der Daumen betroffen war, mag zum einen daran liegen, dass Fußnägel in der Regel dicker und daher weniger anfällig sind. Außerdem fallen Läsionen an Fingernägel eher auf – und der Daumen bekommt im Alltag höchstwahrscheinlich die meisten Mikrotraumen ab.
Die lange Zeit bis zur Abklärung begründen die Experten mit der doch meist relativ beschwerdefreien Manifestation. Nur der Lupuspatient hatte über Schmerzen berichtet, allerdings zeigten die Biopsate auch eine Vaskulitis, die sich über die gesamte Dicke der Dermis erstreckte, und zusätzlich eine schwere Onychatrophie an mehreren Fingernägeln.
Quelle: Inthasot S et al. J Eur Acac Dermatol Venereol. 2022; 36: 744-753; DOI: 10.1111/jdv.17967