Lymphom Wie das Darm-Mikrobiom die Effektivität beeinflusst

ESMO 2024 Autor: Josef Gulden

Französische Forschende fanden heraus, dass die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen vom Mikrobiom des Darms abhängt. Französische Forschende fanden heraus, dass die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen vom Mikrobiom des Darms abhängt. © Julien Tromeur – stock.adobe.com

Die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen scheint unter anderem vom Mikrobiom des Darms abzuhängen – zu diesem Ergebnis kamen französische Kolleg:innen im Rahmen einer neuen Untersuchung. In einer weiteren Studie fokussierten sich Forschende auf hämatologische Toxizitäten der zellulären Therapie, deren Ursachen nicht immer klar sind. 

Nur etwa die Hälfte der Erkrankten mit refraktären Lymphomen spricht auf CAR-T-Zellen an, erinnerte Laura Marcos-Kovandzic, Institute Gustave Roussy, Villejuif.1 Weil das Darm-Mikrobiom bereits im Verdacht steht, dabei eine Rolle zu spielen, analysierten die französischen Kolleg:innen prospektiv die mikrobiologische Zusammensetzung von Material aus dem Darm von Patient:innen, die eine solche Behandlung erhielten. Bei denjenigen, die nach sechs Monaten auf die Behandlung angesprochen hatten, waren höhere Prävalenzen von Bakterien der Gattung Akkermansia zu finden.

Die Forschenden nutzten für weitere Untersuchungen Mäuse mit B-Zell-Lymphom, die mit Anti-CD19-CAR-T-Zellen behandelt wurden. Der Anti-Tumor-Effekt der CAR-T-Zellen stieg und das Überleben der Tiere verlängerte sich signifikant, wenn sie zusätzlich Akkermansia-Bakterien erhielten. Alle untersuchten Organe und Tumoren, insbesondere das Knochenmark, waren stärker mit den Zellen infiltriert. Sie wiesen zudem einen zytotoxischeren Phänotyp sowie eine höhere Produktion von Interferon g auf. Weitergehende biochemische Untersuchungen ergaben, dass dafür der Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor auf den T-Zellen verantwortlich zu sein scheint: Seine Hemmung unterdrückte den Effekt. Aktiviert wird er vermutlich durch Metabolite der Akkermansia-Bakterien wie etwa bestimmte Indole.

Die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms scheint also die Wirksamkeit der CAR-T-Zellen zu beeinflussen, so Marcos-Kovandzic. Eine Supplementation mit Akkermansia könnte eine interessante Option sein, um das Ansprechen zu verbessern.

Expansion bestimmter Zellen 

Nach der CAR-T-Zell-Infusion stieg die Expansion von Vorläuferzellen mit Mutationen in Genen wie TET2, DNMT3A, ASXL1 oder PPM1D, berichtete Ben Khelil; diese Zellen stehen für die Entwicklung einer klonalen Hämatopoese unbestimmten Potenzials (CHIP).

Hämatologische Toxizitäten nach CAR-T

Myriam Ben Khelil befasste sich mit den Ursachen für die bislang häufig vernachlässigten hämatologischen Toxizitäten, die nach der CAR-T-Zell-Therapie auftreten können.2 In einer retrospektiv analysierten Kohorte von 79 Patient:innen hatten 43 % eine solche Hämatotoxizität entwickelt. Als klinische Risikofaktoren dafür fanden sich lediglich niedrige Hämoglobin- und Thrombozytenwerte eine Woche vor Infusion der CAR-T-Zellen.

Bei den Personen, von denen Knochenmark untersucht werden konnte, war dieses mit den genetisch modifizierten Zellen infiltriert – und zwar umso stärker, je schwerer die Hämatotoxizität war. Die CAR-T-Zellen haben offenbar ein Potenzial, ins Knochenmark einzudringen: Bereits die Zellen im peripheren Blut exprimierten den CXCR4-Rezeptor. 

Außerdem wiesen Post-CAR-T-Knochenmarksproben ein inflammatorisches Zytokinprofil auf; je mehr Zytokine ausgeschüttet wurden, desto weniger Thrombozyten hatten die betroffenen Patient:innen. Transkriptomanalysen zufolge ging die Infusion der CAR-T-Zellen mit einer Reduktion hämatopoetischer Stammzellen und einer Deregulierung der Hämatopoese einher, die vor allem die Megakaryopoese beeinflusste. Offenbar, so Ben Khelil, infiltrieren die CAR-T-Zellen in größerem Maßstab das Knochenmark und stören dort durch die Ausschüttung von Zytokinen die Hämatopoese. Das resultiert in der nach einer solchen Therapie zu beobachtenden Hämatotoxizität. 

Quellen:
Marcos-Kovandzic L et al. ESMO Congress 2024; Abstract 804MO
Ben Khelil M et al. ESMO Congress 2024; Abstract 803MO