Wie wirkt sich die Bekämpfung von Corona auf die HIV-Prophylaxe aus?
Das Projekt EvE-PrEP gibt Einblick in die Versorgung mit der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zur Vermeidung von HIV-Infektionen. Grundlage sind Meldedaten, Studien, Statistiken der Krankenkassen und anonymisierte Angaben aus 50 HIV-Schwerpunktpraxen. 90 % der PrEP-Nutzer in den Praxen sind GKV-versichert und haben seit September 2019 kostenfreien Zugang zu der Präventionsmaßnahme.
Die Coronapandemie und die Schließung von Clubs und Bars sowie die Kontaktbeschränkungen wirken sich erwiesenermaßen auf das Sexualverhalten aus. Insgesamt zeigte sich, dass die seit September 2019 gestiegene Zahl der PrEP-Verschreibungen im ersten Lockdown in den meisten Praxen einen deutlichen Rückgang aufwies, dann aber wieder auf das Ausgangsniveau zurückkehrte. 60 % der Praxen gaben im Frühjahr 2020 an, dass viele Kontrolltermine nicht eingehalten wurden. Insgesamt hat die Nachfrage nach PrEP-Neueinleitungen im Vergleich zu September bis Dezember 2019 deutlich abgenommen. Die Ärzte führen das auf die Pandemie zurück, halten aber auch einen gewissen Sättigungseffekt für möglich.
Obwohl viele der HIV-Praxen zu den COVID-19-Versorgungsschwerpunkten gehören, war die PrEP-Versorgung in den meisten Fällen gewährleistet. Die Wartezeit auf einen Termin zur erforderlichen Erstberatung lag in 78 % der Praxen bei maximal 14 Tagen, bei 57 % gab es den Termin schon innerhalb einer Woche. Kontrolltermine waren im Schnitt noch schneller zu haben.
In 15 Praxen (40 %) gaben die Ärzte an, dass in Einzelfällen beim Screening während der Erstberatung eine noch nicht bekannte HIV-Infektion diagnostiziert wurde. Infektionen trotz PrEP-Einnahme waren mit 0,16 % sehr selten.
Mehr als jeder Vierte setzt Prophylaxe komplett aus
In einer Online-Umfrage unter 141 PrEP-Nutzern gaben 56 % an, ihr Einnahmeverhalten aufgrund der Pandemie verändert zu haben. 28 % haben pausiert oder auf den Bedarfsfall umgestellt, weitere 28 % das Medikament dauerhaft abgesetzt. Viele Befragte fühlen sich durch die pandemiebedingten Maßnahmen stark belastet: durch finanzielle Notlagen, Existenzsorgen und soziale Einschränkungen. Zudem sind Hilfs- und Präventionsangebote weggefallen.
Quelle: Schmidt D et al. Epid Bull 2021; 6: 3-12; DOI: 10.25646/7973