AOK plant nachhaltige Arzneimittelverträge und kritisiert verfrühte Entsorgung von Medizinprodukten
Auch Krankenkassen kommen um das Thema Klimawandel nicht mehr herum. So erklärte AOK-Bundesvorstand Martin Litsch bei einer Pressekonferenz, man werde bei der Aushandlung von Arzneimittelverträgen künftig Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen.
Einen ersten Schritt zu mehr Umweltschutz habe die Kasse 2020 durch eine gesonderte Ausschreibung für antibiotische Wirkstoffe umgesetzt. Beispielsweise seien die am Produktionsstandort geltenden Grenzwerte für Arzneimittelrückstände im Produktionsabwasser einzuhalten.
Funktionsfähige Geräte turnusmäßig entsorgen?
Großen Handlungsbedarf sieht Litsch hingegen bei der neuen EU-Medizinprodukteverordnung, die seit dem 26. Mai in Kraft ist. Sie definiere auch Regeln zur Lebensdauer der Produkte. „Erste Hersteller haben bereits konkrete Lebenszyklen für ihre Produkte festgelegt, wobei diese jedoch teilweise deutlich unter den bisherigen Erfahrungswerten zur Nutzungsdauer liegen“, berichtet der AOK-Bundesverbandsvorsitzende. Dadurch müssten voll funktionstüchtige Hilfsmittel, etwa private Blutdruckmessgeräte, turnusmäßig entsorgt werden. „Das ist eine ökonomisch und ökologisch völlig unsinnige Überregulierung.“
Um zu ermitteln, was die Klimaveränderungen für Versicherte und Kliniken bedeuten, ließ die AOK die Zahl der hitzebedingten Klinikeinweisungen der über 65-Jährigen zwischen 2008 und 2018 erforschen. Das „Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change“ ermittelte, dass es bei Temperaturen über 30 °C zu durchschnittlich 40 hitzebedingten Einweisungen je einer Million Älterer kam, zusätzlich zum normalen Tagesschnitt von 1350 Einweisungen. Dies entspreche 3 % aller Krankenhauseinweisungen an Hitzetagen in dieser Altersgruppe.
Im schlimmsten Fall – d. h. wenn keine weiteren Klimaschutzmaßnahmen getroffen werden und die Erderwärmung bis 2100 um bis zu 5 °C steige – würde sich die Zahl der hitzbedingten Klinikeinweisungen bis 2100 versechsfachen. Die Risiken seien unter den Älteren jedoch ungleich verteilt. Besonders gefährdet seien z.B. Personen, die auf dem Land oder in Altersarmut leben oder vorerkrankt seien.
Quelle: Pressekonferenz der AOK