Bloß nicht im Krankenhaus sterben
Eine Studie des Max-Planck-Instituts besagt, dass im Jahr 2016 immer noch 46 % der Menschen im Krankenhaus das Zeitliche segneten. „Das ist viel zu viel, da es nicht den Wünschen der Patienten entspricht“, wurde vor einiger Zeit Jana Jünger, die Leiterin des IMPP (Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen) auf Spiegel Online zitiert. Die Ärzte müssten lernen, diese Wünsche angesichts des herannahenden Todes in Erfahrung zu bringen. Dadurch ließe sich die Situation innerhalb von fünf Jahren deutlich verbessern.
Von welcher Verbesserung spricht die Kollegin? Den alten Menschen mit schwerem akutem Schlaganfall oder Pneumonie wunschgemäß zu Hause lassen bzw. nach absehbar erfolgloser Therapie im Krankenhaus wieder dorthin zurückzuschicken soll ein Fortschritt sein? Auch eine Patientenverfügung ändert nichts daran, dass eine adäquate Versorgung in den eigenen vier Wänden oft gar nicht sichergestellt ist. Ambulante Pflegekräfte sind Mangelware, von jetzt auf gleich nur selten zu bekommen. Zudem kümmern sie sich nur drei- bis viermal am Tag um den Patienten – die Stoppuhr quasi immer vor Augen. Die übrige Zeit und natürlich auch nachts müssen die Angehörigen die Betreuung übernehmen, was vor allem die betagten unter ihnen nicht nur körperlich, sondern auch psychisch oft völlig überfordert. Ich bezweifle, dass all jene, die „bloß nicht im Krankenhaus oder Pflegeheim sterben“ wollen, dies vor Augen haben. Manchen mag es auch schlichtweg egal sein, wie sehr sie ihre Angehörigen belasten.
Von einem tatsächlichen Fortschritt könnte man sprechen, gäbe es ein dichtes Netz von Palliativteams, die für alle Patienten mit terminalen Erkrankungen bereit stünden, sie liebevoll in den Tod begleiten und ihre Angehörigen wenn’s sein muss rund um die Uhr entlasten würden. Angesichts des Fachkräftemangels und der demographischen Entwicklung erscheint dies allerdings wenig wahrscheinlich.
Birgit Maronde
Chefredakteurin Medical Tribune