Mit dem Wissen von heute
Man könnte meinen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe sich zuletzt als Pannenfixer bewähren müssen: Problem benennen, Geldflicken drauf, weiter geht‘s.
So bemüht sich z.B. Spahns Ministerium darum, die Bestellung von 26.281 Beatmungsgeräten zu reduzieren, die jetzt nicht mehr gebraucht werden; 7691 wurden schon geliefert. Verklagt wird das Ministerium bereits von Dutzenden Lieferanten von Schutzausrüstung wegen nicht gezahlter Rechnungen in Millionenhöhe. Zahlreiche der importierten Coronaschutzmasken hätten sich bei Qualitätsprüfungen als mangelhaft erwiesen, erwidert die Regierung.
Bezahlen will die BMG-dominierte gematik immerhin die Rechnungen der IT-Dienstleister, die die Störung in der Telematik-Infrastruktur vom Mai behoben haben – allerdings mit höchstens 150 Euro pro Konnektor. Etwa 80.000 Praxen hatten keinen Online-Abgleich der Versichertenstammdaten mehr vornehmen können.
Und dann soll Jens Spahn öffentlich eingeräumt haben, dass einige der von der Bundesregierung getroffenen Coronaschutzmaßnahmen im Rückblick womöglich unverhältnismäßig waren, etwa die Schließung von Friseuren und des Einzelhandels.
Gesagt hat er allerdings: „Mit dem Wissen heute, das kann ich Ihnen sagen, müssen keine Friseure mehr schließen und kein Einzelhandel mehr schließen. Das wird nicht noch mal passieren. Wir werden nicht noch mal Besuchsverbote brauchen in den Pflegeeinrichtungen.“ Soll heißen: Wir wissen jetzt mehr über Corona. Darum ziehen wir nun Masken auf und nicht mehr der Volkswirtschaft den Stecker. „Das Virus ist dynamisch, wir müssen es auch sein.“ Was also vielleicht wie Trial and Error oder Troubleshooting aussieht, darf vom Bürger als ein lernendes System bestaunt werden.
Die Politik hat längst wieder in ihre Bahnen gefunden. Es wird eifrig reguliert und kräftig Geld umverteilt. Die Bevölkerung fühlt sich dabei mehrheitlich sicher und gut regiert. Mehr erfolgreiches Krisenmanagement geht nicht.
Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik