Im Namen der Impfung
Der lateinaffine Mediziner erkennt natürlich sofort die römische Fünf im Namen. Wurde der Impfstoff etwa an 40 Mäusen, zwei Ratten und zwei Hunden getestet? Das nämlich war die Originalbesatzung von Sputnik 5, dem Satelliten, der 1960 die Erde umkreiste. Wenn schon auf sowjetische Satelliten anspielen, warum dann nicht – in Anlehnung an SARS-CoV-2 – auf Sputnik 2? Die Kapsel brachte mit Hündin Laika schließlich das erste Lebewesen ins All. Wobei das Tier den Start wohl nur einige Stunden überlebte. Schlechtes Omen für eine Impfung.
Ohnehin hätte man sich in Russland viel coolere Namen überlegen können. Nowitschok V wäre vermutlich auf wenig internationale Akzeptanz gestoßen. Oligo-Vac hingegen klingt doch ganz gut. Das erinnert so schön an Oligarchen. Und deckt einen Aspekt der russischen medizinischen Forschung ab (oligo = wenig, für wenig Transparenz). Immerhin sorgt die jüngst publizierte große Interimsanalyse für Klarheit bezüglich der Sicherheit des Impfstoffs. Mit 20 000 Teilnehmern umfasst sie sogar mehr Probanden als „Putins Palast“ Quadratmeter hat.
Aber Sputnik V? Wieso nicht mal ein Kunstwort? Pfizer und BioNTech haben es vorgemacht. Mit einer Namensagentur aus Miami brainstormten die Unternehmen solange, bis Comirnaty® auf der Vakzine stand. Der Begriff vereint COVID-19, mRNA, Community und Immunity. Toll. Einer jungen und hippen russischen Agentur wäre vielleicht eine weniger holprige Wortschöpfung eingefallen, z.B. „Novel Anti-corona Vaccine for Lucky commuNitY“. Oder kurz: NAVaLNY®.
Schon fast ein bisschen enttäuschend, dass Moderna und AstraZeneca nicht über ihre unkreative „COVID-19 Vaccine“ hinausgekommen sind. Dann lieber Sputnik V. Selbst wenn mit V schlicht der Buchstabe gemeint ist, steht er bestimmt für Victory! Oder für Virus – aber das wäre nun wirklich fantasielos.
Dr. Sascha Bock
Redakteur Medizin