„Nicht nervös werden“: Zeit der Coronaimpfungen in den Praxen wird kommen
Er mag die negativen Berichte über die Organisations- und Lieferprobleme bei der COVID-19-Impfung nicht mehr lesen und hören. Dr. Nikolaus Scheper führt zusammen mit zwei hausärztlichen Kolleginnen eine diabetologische Schwerpunktpraxis in Marl und ist der Vorsitzende des Bundesverbandes Niedergelassener Diabetologen. Es hat seit dem ersten Coronafall in Deutschland nicht einmal ein Jahr gedauert, bis der erste Impfstoff zugelassen und verabreicht wurde, erinnert er. Dass die Liefererwartungen größer sind als die anfänglichen Produktionsmöglichkeiten, wundert ihn nicht.
Auch in Nordrhein-Westfalen verlief der Start der Impfterminvergabe für die über 80-Jährigen chaotisch. „Ob man eine Woche früher oder später geimpft wird“ sei kein Grund zur übertriebenen Aufregung, meint der Arzt. Er geht sowieso davon aus, dass wir uns noch das ganze Jahr mit Corona herumschlagen müssen. Patienten, die ihn wegen ihrer Impfung befragen, rät er, nicht nervös zu werden: „Wenn der Impfstoff da ist, unterhalten wir uns.“ Er habe sich angewöhnt, keine Auskünfte zu geben, die mehr als eine Woche Gültigkeit haben sollen, sagt Dr. Scheper. Wie die Impfung bei den Niedergelassenen im Detail ablaufe, werde sich klären, sobald der passende Impfstoff ausreichend verfügbar sei.
Impfung verhinderte nicht den Rückzug in die Quarantäne
DDG und diabetesDE begrüßen, dass sich aufgrund der vom Bundesgesundheitsministerium geänderten Impfverordnung Menschen mit Diabetes und einem HbA1c-Wert ≥ 58 mmol/mol bzw. ≥ 7,5 % nun früher für eine Coronaimpfung anmelden können und so schneller vor weiteren ernsthaften Komplikationen geschützt werden sollen. Zunächst waren schwer oder chronisch Erkrankte in die Priorisierungsgruppe 3 eingestuft worden. Es mangelt also wahrlich nicht an neuen Informationen, sagt Dr. Scheper. Störend sei eher deren Widersprüchlichkeit – insbesondere bei den Experteneinschätzungen. Er fordert seine Patienten auf, sich selbst eine Meinung zu bilden.
Dass auch im Medizin- und Pflegebetrieb Tätige zögern, sich impfen zu lassen, kann er nachvollziehen. In der Ärzteschaft seien noch die einst „industriegetriggerten“ Empfehlungen der Ständigen Impfkommission in Erinnerung. Zudem befreie eine Impfung bislang nicht von Einschränkungen. Dr. Scheper nennt das Beispiel einer angestellten Kollegin, die wegen ihrer Tätigkeit in Pflegeheimen bereits geimpft ist. Als deren Tochter positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde, musste auch sie zehn Tage lang in Quarantäne. Solange nicht klar sei, ob Geimpfte andere Menschen anstecken, bleibe es bei den bisherigen Schutzmaßnahmen.
Auf das erste Pandemiejahr zurückblickend stellt der Diabetologe fest, dass der Umsatz im Rahmen jahresbedingter Schwankungen geblieben ist. Ausgleichszahlungen aus dem sog. Rettungsschirm musste er nicht beanspruchen. Allerdings wünscht er sich, die gesetzlichen Krankenkassen würden ähnlich wie die PKV den höheren Hygieneaufwand bei Präsenzkontakten honorieren.