Mit Tests und Coronaimpfungen motivieren – Hausärzte erhalten endlich mehr Aufmerksamkeit
Schon 2020 „hatten wir unsere Expertise fast wie Sauerbier anbieten müssen, der Verband wurde nicht in die Beratungs- und Entscheidungsgremien einbezogen, jedenfalls nicht im Bund, in einigen Bundesländern war das anders“, stellt Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbandes, ins vergangene Coronajahr zurückblickend fest. Jetzt sind die Hausärzte aber mit der Impfung in die Position des „Gamechangers“ gekommen. Und dafür fordert der Verband politische Unterstützung ein.
Das betrifft vor allem die Ausstattung mit viel mehr Impfstoffdosen, wobei klar ist, dass auch die Vakzine von AstraZeneca unters Volk gebracht werden muss, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Die Impfzentren sollten jedenfalls nicht länger bei der Belieferung privilegiert werden. Die Bürokratie, etwa bei der Priorisierung und dem künftigen Impfnachweis, sei zu minimieren.
In seiner Rede zur Lage kritisierte der Bundesvorsitzende, die „Angstkommunikation, die eine Katastrophe nach der anderen heraufbeschwört“. So etwas mache Menschen auf Dauer entweder krank oder stumpfe ab. Besser sei es, mit Impfungen und Tests zu motivieren. Diese ermöglichten es auch, andere Wege als die bisherigen zu gehen.
Auch die Folgen reduzierter Kontakte beachten
„Wir sehen die Not durch Existenzängste und reduzierte Kontakte, die in der Welt der Virologen, Modellierer und epidemiologischen Super-Spezialisten scheinbar kaum eine Rolle zu spielen scheint“, so Weigeldt. Viele Kinder verlören entscheidende Jahre in ihrer Entwicklung. Menschen in Seniorenwohneinrichtungen müssten nach wie vor nahezu isoliert leben, obwohl sie alle, einschließlich der Pflegekräfte, vollständig geimpft seien. Das sei „unmenschlich und inakzeptabel“.
Weigeldt äußerte die Sorge, dass die gesundheitlichen Belange außerhalb der Pandemie – wie chronische Erkrankungen, Bewegung und Amateursport – nicht mehr ausreichend Berücksichtigung finden. Die Sieben-Tage-Inzidenz sei sicherlich ein wesentlicher Indikator zur Einschätzung der Pandemie, aber längst nicht der einzige.
Viel zu lange sei eine Rücknahme von Einschränkungen für Geimpfte und Genesene mit der vagen Gefahr möglicher Ansteckungen begründet worden. Indem immer wieder öffentlich die Impfeffekte angezweifelt würden, riskiere man den Impferfolg, „weil dann – scheinbar zu Recht – der Nutzen der Impfkampagne infrage gestellt werden kann“. Durch diese Art der Kommunikation schwinde das Vertrauen in die Politik weiter.
Strategiebestimmung für die Digitalisierung
Weigeldt verkniff sich nicht einen Seitenhieb in Richtung Jens Spahn: Die Ausgangssperre wirke in einer Villa mit Garten in Berlin-Dahlem anders als in einer engen Dreizimmerwohnung in der 8. Etage.
Das Virologen-Bashing kam allerdings nicht bei allen Delegierten gut an. Die Kollegen würden auch nur ihren Job tun und hätten in ihren Prognosen meist gut gelegen, erwiderte ein Arzt. Und während Weigeldt sowie DEGAM-Präsident Professor Dr. Martin Scherer weiterhin vom Corona-Positionspapier der KBV überzeugt sind, betonten bayerische Delegierte ihre andere Sicht.
Zwei Verbände für Brandenburg
Quelle: Digitale Delegiertenversammlung des Deutschen Hausärzteverbandes