Hausärzte als Hoffnungsträger – aber keine Perspektiven für Coronaimpfungen in Praxen?
Wenn Sie diese Zeilen lesen, sollten die ersten zehn Mio. Impfdosen gegen COVID-19 von BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca in Deutschland ausgeliefert sein. Das verkündete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vergangene Woche, zu einem Zeitpunkt als 3,2 Mio. Menschen in Deutschland einmal und 1,7 Mio. zweimal geimpft waren. Die täglichen Wasserstandsmeldungen gibt das BMG auf der Webseite impfdashboard.de durch. Spahn wiederholt bei jeder Gelegenheit, dass die Impfkampagne nun Fahrt aufnimmt – von bislang 140 000 Impfungen pro Tag in den Impfzentren auf bald das Doppelte. „Wir sind in der Phase des Hochskalierens“, erklärte der Minister bei einer Online-Talkrunde des BMG – neudeutsch „Town Hall Meeting“ – am Samstagnachmittag. Er gab zu bedenken, dass erst ein Viertel der 194 Staaten auf der Welt Impfstoff erhalten habe, in den meisten Ländern gibt es bislang keinen Tropfen.
Spahn legte sich nicht fest, wann die Hausärzte in die Impfkampagne eingebunden werden. Denn dafür muss sichergestellt sein, dass kontinuierlich genügend lagerfähiger Impfstoff an die Praxen abgeben werden kann. Das wäre bei Lieferungen von drei bis fünf Millionen Dosen pro Woche der Fall.
Machbar: täglich eine Million Impfungen in den Praxen
Die KBV hat ausgerechnet: Machen 50 000 der bundesweit 102 000 Arztpraxen mit, die jeweils täglich 20 Impfungen verabreichen, sind das eine Million Immunisierungen pro Tag. Nach 140 Tagen wäre 70 Millionen Menschen zweimal geimpft. Die KBV meint, spätestens im April müsse mit flächendeckenden Impfungen in den Praxen begonnen werden. Zur „zeitlichen Perspektive“ mag sich RKI-Präsident Professor Dr. Lother Wieler jedoch nicht äußern. Denn er könne sich irren, was in der Öffentlichkeit schlecht ankomme.
„Als das ,Team of Fifty Thousand‘ stehen wir für die Impfungen bereit“, verkündete der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, in einem Mitglieder-Rundschreiben. Allerdings müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu zählt er: keine zusätzliche Bürokratie, keine Nachteile für die Praxen (Regresse, Haftung für Impfschäden) und eine Vergütung der Beratung unabhängig von der Durchführung der Impfung.
Priorisierung mithilfe ärztlicher Atteste?
Die Geimpften werden ungeduldig werden
Auch die stellvertretende Leiterin des Impfzentrums Messe Berlin, Franzi von Kempis, betonte, dass die Spritzen entsprechend der Zahl der angemeldeten Impflinge aufgezogen werden, also höchstens ein BioNTech-Fläschchen mit fünf von sechs enthaltenen Dosen übrig bleiben könne. Spahn ergänzte, dass bei solchen Restmengen pragmatisch verfahren werden dürfe, damit nichts verworfen werden müsse. In wenigen Monaten werde es darum gehen, letzte Zögerliche oder Verunsicherte zu überzeugen, sich impfen zu lassen, sagte Spahn vorher. Denn dann werden die freiwillig Geimpften keine Rücksicht mehr auf die Nichtgeimpften nehmen wollen. Bei einer Grundimmunisierung von 70 bis 80 % der Bevölkerung bestehe Kontrolle über das Virus, meint Prof. Wieler. Doch sollten sich noch mehr Menschen impfen lassen, um einen schweren Krankheitsverlauf für sich selbst auszuschließen.Medical-Tribune-Bericht