Nicht drängeln, hinten anstellen
Der Landrat macht’s, der Oberbürgermeister, der Bischof und sein Generalvikar, auch Polizisten und Feuerwehrmänner tun es. Sie drängeln sich bei Coronaimpfungen vor, um nicht zu sagen, sie schleichen sich in die erste Reihe, vorbei an Menschen, die einen Schutz gegen COVID-19 dringender brauchen als sie. Gut, bei Polizei und Feuerwehr – sofern es sich um Einsatzkräfte handelt – kann ich den Bedarf noch nachvollziehen, nicht aber bei Kommunalpolitikern, die derzeit in der Regel wenig Kontakt zur Außenwelt haben.
Fehler werden einerseits nachträglich eingeräumt, Impfstoff hätte wegen fehlender anderer Impflinge sonst vernichtet werden müssen, wird andererseits argumentiert. Aber es bleibt ein schaler Beigeschmack und der Verdacht, hier wird Eigennutz vor den Schutz wirklich Schutzbedürftiger gestellt. Kann man dem künftig beikommen? Ja, durch festgelegte Nachrücker, wenn Impfstoff übrig sein sollte. Hier haben die Bundesländer ihre Hausaufgaben zu machen, im Sinne des Volkes und nicht der Mandatsträger.
In der neuen Impfverordnung hat der Bundesgesundheitsminister noch einmal klargestellt, dass die Länder für die Organisation und die Durchführung der Impfungen gegen SARS-CoV-2 zuständig sind und dass ihnen auch die Kontrolle darüber obliegt, ob die Priorisierungsvorgaben eingehalten werden. Die von den Medien öffentlich gemachte Vordränglermentalität hat deutlich gemacht, dass hier schnell gehandelt werden muss. Notfalls muss auch über Sanktionen für Vordrängler nachgedacht werden.
Es geht hier nicht mehr allein ums Impfen, sondern auch um unsolidarisches Handeln und eine Demokratie, die Schaden nimmt, wenn Politiker und andere Funktionsträger in einer alle betreffenden Pandemie zuerst an sich persönlich denken.
Nachdem sich zwei Bürgermeister beim Impfen vorgedrängelt hatten, hat Landeshauptmann Markus Wallner im österreichischen Vorarlberg „Aufpasser“ zur Kontrolle beauftragt. Ich denke, mit einer geregelten Reihenfolge und Sanktionen bei Verstößen lässt sich das Problem auch lösen.
Cornelia Kolbeck
Hauptstadtkorrespondentin