Darmkrebs-Screening: G-BA wird Versagen vorgeworfen
Fast fünf Jahre seien vergangen, seit der Gesetzgeber am 3. April 2013 mit dem Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz (KFRG) die Rahmenbedingungen für das organisierte Darmkrebs-Screening in Deutschland festgelegt habe – mit dem Einladungsverfahren als Kernelement. Doch die Einführung des Einladungsverfahrens sei immer noch nicht in Sicht, kritisiert der Gastroenterologe.
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen und Krebstodesursachen in Deutschland. Jährlich erkranken über 60 000 Menschen daran. Zirka 25 000 Menschen versterben in Folge von Darmkrebs pro Jahr. Entsprechend den Empfehlungen im Nationalen Krebsplan wurde deshalb 2013 im KFRG auch die Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung bei Darmkrebs verankert.
Ziel ist ein bundesweites organisiertes Darmkrebs-Screening mit Einladungs-/Aufforderungsverfahren, welches die entsprechenden Europäischen Leitlinien berücksichtigt. Der G-BA ist beauftragt, dieses zu entwickeln und die Umsetzung in seinen Richtlinien zu regeln. Geplant war die Realisierung bis April 2016. Die vom Gesetzgeber vorgegebene Frist für die Neugestaltung habe jedoch „angesichts der Komplexität der inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung des Darmkrebs-Screenings nicht eingehalten werden können“, teilt G-BA-Pressechefin Kristine Reis auf Anfrage von Medical Tribune mit.
Aufruf zur Studienteilnahme
IQWiG hat die Anschreiben bereits formuliert
Der zuständige Unterausschuss Methodenbewertung hat am 14. Dezember 2017 das gesetzlich vorgeschriebene Stellungnahmeverfahren zu allen im SGB V vorgeschriebenen und erforderlichen Punkten für die Durchführung eines organisierten Darmkrebsscreenings eingeleitet. Die eingegangenen Stellungnahmen, unter anderem der medizinischen Fachgesellschaften, werden noch ausgewertet. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat bereits für den G-BA das Einladungsschreiben und zwei geschlechterspezifische und Entscheidungshilfen – für Männer und für Frauen ab 50 Jahre – erarbeitet. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg, die gemeinsam mit dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) Befunde von 4,4 Millionen Patienten ausgewertet haben, prognostizierten 2015, dass sich mit dem Screening langfristig bis zu 16 000 Darmkrebs-Neuerkrankungen pro Jahr verhindern lassen. Die Teilnahmeraten an der Darmkrebsvorsorge sind allerdings gering. Laut Studie nehmen von den teilnahmeberechtigten Versicherten nur 2–3 % an der Vorsorgekoloskopie teil. Eine randomisierte Interventionsstudie im Saarland von April 2012 bis März 2013 bestätigte zudem, dass gezielte Einladungen die Inanspruchnahme der Darmkrebsvorsorge erheblich steigern können. Ein Einladungsschreiben für die Vorsorgekoloskopie erhöhte die Teilnahmerate innerhalb eines Jahres um 32 %.Verbände legen eigenes Screening-Konzept vor
Dennoch landen noch immer keine Einladungen regulär in den Briefkästen der teilnehmeberechtigten Versicherten. Medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, Berufsverbände und weitere Organisationen haben inzwischen ein eigenes, gemeinsames Konzept zur Umsetzung des organisierten Darmkrebs-Screenings erarbeitet.G-BA soll sein Verfahren endlich auf den Weg bringen
Dieses soll den G-BA veranlassen, „seiner Verantwortung endlich gerecht zu werden und das Einladungsverfahren zeitnah auf den Weg zu bringen“, wie Dr. Beyer erklärt. Das Konzept thematisiert konkrete Informationen zum Programm, u.a. Screening-Berechtigte, Einladungsintervall, Einladungsschreiben, Auswertung des Tests und Befundübermittlung. Aufgelistet sind auch die Aufgaben von Ärzten, Datenstellen, Krankenkassen u.a. Ebenso gibt es Vorgaben zur Datenstruktur, konkret zum anonymisierten Datensatz und zu Qualitätsindikatoren.Eckpunkte nach IQWiG
- Frauen und Männer im Alter von 50 bis 54 Jahren haben Anspruch auf einen jährlichen immunologischen Test (iFOBT) auf okkultes Blut im Stuhl.
- Männer ab 50 Jahre und Frauen ab 55 Jahre haben Anspruch auf zwei Früherkennungskoloskopien im Abstand von mindestens zehn Jahren, wobei jede ab 65 Jahre durchgeführte Früherkennungskoloskopie als eine zweite Koloskopie gilt.
- Frauen und Männer ab 55 Jahre haben alle zwei Jahre Anspruch auf einen Test auf okkultes Blut im Stuhl (iFOBT mit einer Probe), falls auf die Früherkennungskoloskopie verzichtet bzw. bis diese in Anspruch genommen wird.
- Die Krankenkassen schreiben anspruchsberechtigte Versicherte an und senden ihnen Informationen zum Programm zu. Eine persönliche Beratung zum Screening kann bei der Gesundheitsuntersuchung des Hausarztes erfolgen.