Vorsicht beim Stuhltest: Darmkrebs häufiger übersehen als vermutet
Um die Sensitivität und Spezifität von fäkalen immunchemischen Stuhltests zu ermitteln, stehen zwei Methoden zur Verfügung: die direkte, bei der jeder Stuhltestbefund – egal ob positiv oder negativ – per Koloskopie überprüft wird, oder die indirekte, bei der man nur Menschen mit Krebsverdacht nachuntersucht und die anderen Patienten mithilfe von Registerdaten verfolgt.
Das zweite Verfahren hat aber einen großen Haken, kritisieren Forscher um Professor Dr. Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Im Schnitt brauchen Kolonkarzinome drei bis sieben Jahre, bis sie ohne Darmspiegelung klinisch auffallen. In der Regel umfasst die indirekte Variante jedoch nur bis zu zwei Jahre Follow-up, d.h., es wird zwangsläufig ein großer Teil der sich später manifestierenden Tumoren übersehen.
Unlogisch, dass die zweite Methode also mit höherer Spezifität punkten soll. Doch genau das spiegelt die aktuelle Datenlage zu beiden Methoden wider. Die Forscher halten die Sensitivität des direkten Verfahrens mit 71 % für kolorektale Karzinome für viel realistischer als die indirekte. Die von größeren Studien propagierten 84,5–91,1 % für die indirekte Variante seien viel zu hoch gegriffen.
Für präkanzeröse Läsionen gilt wiederum: Da die meisten ohnehin im Stuhltest nicht auffallen, liefern die „indirekten“ Studien in diesem Punkt überhaupt keine Sensitivitätsinformationen. Die Spezifität deckt sich dagegen weitestgehend bei beiden Untersuchungstypen und bewegt sich zwischen 92,6 und 96,2 %.
Die Forscher haben daraufhin kalkuliert, ob auch Modellrechnungen mit den vorliegenden Werten ihre Annahmen untermauern – und wurden bestätigt. „Um unrealistischen Erwartungen in Bezug auf die Leistung von Stuhltests vorzubeugen“, empfehlen sie deshalb, „sollten Sensitivitätsabschätzungen allein auf Studien mit einem direkten Ansatz basieren.“
Quelle: Brenner H et al. Am J Gastroenterol 2019; 114: 1795-1801; DOI: 10.14309/ajg.0000000000000412