„Die Testpflicht macht das Chaos perfekt“

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

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Immenser Aufwand, zu wenig Geld – die Ärzteschaft äußert sich zum Teil empört über die kurzfristig eingeführte Corona-Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten.

Schon die letzten Regelungen zu freiwilligen, kostenlosen Coronatests für Reisende haben in den vergangenen Tagen für reichlich Frust und Verwirrung in den Praxen gesorgt, klagt die KV Berlin. Durch die neueste Verordnung des Bundesgesundheitsministers könnte sich dies noch steigern: Ab dem 8. August 2020 müssen sich Rückkehrer aus Risikogebieten innerhalb von drei Tagen auf SARS-CoV-2 testen lassen, sofern das nicht schon vor der Einreise geschehen ist.

Etliche ärztliche Organisationen lehnen die Testpflicht aus verschiedenen Gründen ab. Man setze diagnostische Mittel ohne Anlass ein, um eine Scheinsicherheit zu schaffen, argumentiert etwa der Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands: „Zulasten der Krankenkassen wird versucht, mit vermeintlich freien und unbegrenzt verfügbaren labordiagnostischen Leistungen ein fragiles Gerüst von Sicherheit aufzubauen, das in Wahrheit keines ist“, so Hauptgeschäftsführer Lars Lindemann.

Leistung ist für Niedergelassene nicht wirtschaftlich

Auch die geringe Vergütung des Abstrichs mit 15 Euro stößt auf Kritik. Unter diesen Bedingungen sei die Leistung für Ärzte unwirtschaftlich, urteilt die KBV. „Darauf hatten wir die Politik auch immer hingewiesen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen. Der Verband „Freie Ärzteschaft“ weist darauf hin, dass andere Institutionen ein vielfach höheres Honorar für den Abstrich erhalten würden. Angesichts der ungünstigen Bedingungen betont die KBV, dass Niedergelassene keineswegs verpflichtet seien, die Tests anzubieten. Sie appellierte an die Bundesländer, schnell klarzustellen, wie mögliche Testzentren finanziert werden können.

Die KV Berlin stört sich an der Kurzfristigkeit der Verordnung. Man habe kaum Zeit, die Praxen zu informieren, die Ärzte wiederum keine Zeit, sich auf den Ansturm der Patienten vorzubereiten. „Die Testpflicht macht das Chaos perfekt“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Ähnlich sieht das der Hausärzteverband Hessen. Er ärgert sich darüber, dass am Tag des Abstrichs keine weiteren kurativen Leistungen für den Patienten abgerechnet werden dürfen. „Hier haben die Bürokraten sich was Tolles ausgedacht!“, lautet die sarkastische Einschätzung.

System der Fallunterscheidungen kaum noch zu durchschauen

Grundsätzlich sei das System der Corona-Fallunterscheidungen zu komplex und bürokratisch geworden, kritisiert auch Mark Barjenbruch, Vorsitzender der KV Niedersachsen. Wenn ein Patient vom Gesundheitsamt zum Test geschickt worden sei, müsse der Test dem Gesundheitsamt in Rechnung gestellt werden – allgemeingültige Abrechnungswege würden dafür aber noch nicht bestehen. Wenn ein Patient dagegen einen Test benötige, weil etwa der Arbeitgeber einen negativen Nachweis verlangt, müsse er dies aus eigener Tasche bezahlen. Gehe wiederum ein Patient für eine Operation ins Krankenhaus, müsse dieses den Test als prästationäre Leistung übernehmen. Eine Begleitperson müsste den Test selbst bezahlen.

In Rheinland-Pfalz haben Politik und KV derweil eine harmonische Lösung gefunden: Das Land übernimmt die Verantwortung für die Testung der Rückkehrer und hat hierfür vier Testzentren eingerichtet. Reisende aus Nicht-Risikogebieten können diese Strukturen freiwillig nutzen. Die Landesregierung betonte explizit, dass Vertragsärzte nicht verpflichtet sind, den Abstrich anzubieten. Die KV begrüßt die rasche Reaktion und erklärt, sie sei gerne bereit, den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu unterstützen. Sie stellt eine Liste der Niedergelassenen zusammen, die den Abstrich ebenfalls anbieten und an die verwiesen werden kann.

Medical-Tribune-Bericht