Interview „Türöffner für künftige Verhandlungen auch in anderen KV-Bezirken“
Die medizinische Betreuung und Unterweisung im Umgang mit sensorunterstützten Insulinpumpen- und AID-Systemen ist aufwendig und zeitintensiv, wird jedoch bislang nicht ausreichend vergütet. Der BDSWL hat nun in kürzlich abgeschlossenen Honorarverhandlungen erfolgreich die Einführung mehrerer „Technikziffern“ zur Vergütung dieser Leistung durchgesetzt.
Bundesweit erster DMP-Vertrag dieser Art
Zum bundesweit ersten DMP-Vertrag mit einer Sondervergütung für die Betreuung von Patienten, die neuartige Diabetestechnologie einsetzen, sowie über die Verhandlungen und die möglichen Folgen der Vereinbarung hat Dr. Winfried Keuthage den 1. Vorstandsvorsitzenden des BDSWL, Dr. Dirk Lammers aus Münster, befragt.
Herr Lammers, Sie arbeiten selbst in einer großen diabetologischen Schwerpunktpraxis in Münster. Wie groß ist der Anteil Ihrer Arbeit, der auf die Betreuung von Menschen mit neuen Diabetestechnologien entfällt?
Dr. Lammers: In jedem Fall steigend. Aufgrund der modernen medikamentösen Behandlungsoptionen nimmt der Bedarf an klassischen ICT-Schulungen im Bereich Typ-2-Diabetes stetig ab. Hierauf fußt aber das Honorierungssystem vieler DMP-Verträge in den einzelnen Ländern, sodass Honorareinbußen drohen.
Dem steht ein steigender individueller Beratungs- und Betreuungsaufwand für Menschen mit Typ-1-Diabetes entgegen. Von ihnen hat die Mehrzahl bereits ein AID-System oder wird in den nächsten Jahren auf ein solches umgestellt. Leider bisher ohne angemessene Honorierung für die diabetologischen Schwerpunktpraxen.
Wie ist es Ihnen und Ihren Kollegen gelungen, die Krankenkassen-Vertreter davon zu überzeugen, die Betreuung von Menschen mit AID-Systemen zusätzlich zu honorieren?
Dr. Lammers: Zunächst mussten wir klarmachen, dass es explizit nicht um die technische Einweisung in das System geht, welche vom Anbieter selbst durchgeführt wird, sondern um die medizinische Betreuung und Unterweisung im Umgang mit der neuen Technologie.
Selbstverständlich hätten wir uns aber auch eine angemessene Honorierung für die Betreuung aller unserer Patienten mit CGM gewünscht. Das ließ sich aber nicht durchsetzen. So gesehen ist die Honorierung für die Betreuung bei AID-Systemen ein klassischer Kompromiss.
Bei Einstellung auf ein AID-System erhalten wir ab 1. Oktober einmalig 120 Euro sowie für die perspektivisch wohl ebenfalls zu erwartende Umstellung von einem auf ein anderes AID-System einmalig 80 Euro. Es ist klar, dass diese Beträge den tatsächlichen Mehraufwand in den diabetologischen Schwerpunktpraxen nicht im Geringsten abbilden.
Immerhin handelt es sich um den bundesweit ersten DMP-Vertrag, bei dem eine Sondervergütung für den Einsatz von Diabetestechnologie ausverhandelt werden konnte. Was raten Sie Ihren Kollegen in anderen KV-Bezirken?
Dr. Lammers: Unser Erfolg kann möglicherweise als Türöffner für künftige Verhandlungen auch in anderen KV-Bezirken dienen. Mitglieder des BVND haben die Möglichkeit, sich über die Clearingstelle in Vertragsangelegenheiten beraten zu lassen.
Die Kostenträger müssen überzeugt werden, dass die kompetente Betreuung solch komplexer Technologien in den diabetologischen Schwerpunktpraxen geleistet werden kann, aber auch ihren Preis hat.