Klöckner unterstützt Nutri-Score
Wer hätte das gedacht? Ernährungsministerin Klöckner (CDU) hält auf einer Pressekonferenz einen übergroßen Nutri-Score in die Kameras. Sie illustriert damit ihre Entscheidung für das ampelfarbige Label als neue (freiwillige) Nährwertkennzeichnung in Deutschland – voraussichtlich ab Mitte 2020. In einer von ihr beauftragten Verbraucherumfrage hatte das französische System alle anderen Labels hinter sich gelassen.
Teile der Lebensmittelindustrie, vor allem der Lebensmittelverband, wollten kein Label in Ampelfarben. Quasi als Kompromiss entwickelte das Max-Rubner-Institut in Klöckners Auftrag den „Wegweiser Ernährung“: Er nutzt den Algorithmus des Nutri-Scores, ist aber einfarbig.
„Man kann auch ohne Brille erkennen, was gemeint ist“
Bei der folgenden repräsentativen Befragung von 1600 Personen zeigte sich: 57 % wünschen sich den Nutri-Score als neue Kennzeichnung, 34 % den Wegweiser Ernährung, 21 % das schwedische Schlüsselloch-Symbol und nur 8 % das Modell des Lebensmittelverbandes. Am wichtigsten war den Teilnehmern, dass das Label „schnell und intuitiv verständlich“ ist und „eindeutige Farben oder Symbole benutzt“. Auch beim Punkt „Man kann auch ohne Brille erkennen, was gemeint ist“ gewann das Ampel-Label. Mit dem Nutri-Score waren die Teilnehmer zu 70 % in der Lage, Fertiglebensmittel (Tiefkühlpizzen) korrekt nach ihrem Nährwert zu ordnen. Mit dem Symbol des Lebensmittelverbandes schafften es nur 21 % fehlerfrei.
Klöckner will sich nun sogar für eine europaweite Einführung des Nutri-Scores einsetzen. Ob sie dabei auch auf Verbindlichkeit drängen wird, ließ sie offen. Bisher können die Länder das Label nur als freiwillige Maßnahme vorgeben. In Deutschland haben bereits sieben Unternehmen das Label eingeführt oder dies angekündigt, unter anderem Nestlé, Danone und Iglo.
Spahn ruft Unternehmen zum Mitmachen auf
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwartet, dass sich möglichst viele Unternehmen anschließen und den Nutri-Score umsetzen. „Die Verbraucher sollen wissen können, was sie essen“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Der Lebensmittelverband reagierte allerdings verhalten. Die Verbraucherbefragung sei richtig gewesen. Man habe aber weiter Zweifel an „bewertenden Systemen“. Dagegen fordert foodwatch Klöckner auf, sich für eine verpflichtende europaweite Verwendung einzusetzen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft lobt, die Ministerin leiste mit dem Nutri-Score „direkt einen Beitrag, eine gesunde Ernährung zu fördern“. Nötig sei aber auch ein Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Produkte. Dazu äußerte Klöckner sich nicht. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte verlangt zudem, den Verkauf zuckerhaltiger Getränke in Schulen einzustellen.